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Werner Vordtriede, 1915–1985

18. März 1915 Bielefeld (Deutsches Reich) - 25. September 1985 Izmir (Türkei)
Original- und Ausgangssprache(n)
Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch
Schlagworte
Übersetzerisches ProfilExilübersetzer, Sprachwechsel Übersetzte GattungenDissertationen, Lyrik Sonstige SchlagworteExil (NS-Zeit), Schweiz (Exil), USA (Exil)

Vorbemerkung der Redaktion

Zuvor erschienen in: Tashinskiy, Aleksey / Boguna, Julija / Rozmysłowicz, Tomasz: Translation und Exil (1933–1945) I: Namen und Orte. Recherchen zur Geschichte des Übersetzens. Berlin: Frank & Timme 2022, S. 454–455.

Werner Vordtriede wurde 1915 als Sohn der vom Judentum zum Protestantismus konvertierten sozialdemokratischen Journalistin Käthe Vordtriede (1891–1964) in Bielefeld geboren und hatte noch eine ältere Schwester, Fränze (Frances Vordtriede Riley, 1911–1997). Nach der Scheidung der Eltern wuchsen die Kinder bei der Mutter auf, die mit ihnen 1923 nach Freiburg ging. Da Werner sich schon als Schüler kritisch gegen die Nationalsozialisten äußerte, brachte ihn seine Mutter 1933 unmittelbar nach dem Abitur in der Schweiz in Sicherheit. Dort kam er in Kontakt mit dem Kreis um den Dichter Stefan George. Er arbeitete als Hauslehrer, verfasste Rezensionen für die Neue Zürcher Zeitung und studierte Germanistik und Anglistik an der Universität Zürich. Mithilfe des englischen Schriftstellers Robert Hichens gelangte er 1938 in die USA, wo er sein Studium 1939 mit dem Magister Artium der University of Cincinnati mit einer Arbeit über Hölderlin beenden konnte und eine Anstellung als Tutor an der Northwestern University erhielt.

Während einer Europareise wurde er in Frankreich vom Kriegsausbruch überrascht und drei Monate lang in Varimpré interniert. Für seine Frei­las­sung und Rückkehr in die USA setzte sich der von ihm verehrte André Gide ein. An der Rutgers University und an der Central Michigan University unterrichtete er Französisch und Spanisch und promovierte mit einer Arbeit über das Dichterbild bei Mallarmé und George (die Dissertation verfasste er auf Deutsch und übersetzte sie selbst ins Englische). Danach war er Dozent für französische und deutsche Literatur an der Princeton University, bis er 1947 einem Ruf an die University of Wisconsin folgte.

Im Austausch mit Kollegen und Emigranten (u. a. Richard Beer-Hof­mann, Hugo von Hofmannsthals Tochter Christiane Zimmer, Richard Ale­wyn, Hans Sahl, Kurt Wolff, Erich von Kahler, Hermann Broch) beschäftigte er sich intensiv mit deutscher Literatur und übersetzte sowohl aus dem Deut­schen ins Englische als auch aus dem Englischen und Französischen (Baude­laire) ins Deutsche oder Englische, vorwiegend Lyrik, auch eigene. Ebenso interessierte er sich für die Übersetzungen anderer und beschäftigte sich mit Übersetzungskritik.

Nach seiner Rückkehr nach Deutschland 1961 fasste er aufgrund seiner Übersetzungen der „Metaphysical Poets“ John Donne und Andrew Marvell, die ihm einen Ruf an die Universität München einbrachten, im deutschen Universitätsleben wieder Fuß, sah sich aber eher als Schriftsteller und veröffentlichte mehrere Romane. Seine im amerikanischen Exil entdeckte Begeisterung für William Butler Yeats, den er dort bereits ab 1945 übersetzt hatte, mündete in einer Werkausgabe, die er für den Luchterhand Verlag herausgab (1970–1973). Er starb 1985 auf einer Studienreise in die Türkei.

Translatorisches

Im amerikanischen Exil übersetzte er in den 1940er Jahren für Zeitschriften Gedichte von Shelley, Rossetti, Gerard Manley Hopkins und William Corys Heraclitus aus dem Englischen ins Deutsche. Gedichtübertragungen der „Metaphysical Poets“ John Donne und Andrew Marvell erschienen nach seiner Rückkehr 1961 in Berlin; umgekehrt erarbeitete er in den USA auch Übersetzungen aus dem Deutschen ins Englische, nämlich Aufsätze von Schiller und Karl Vossler sowie einige von Grimms Märchen. Er fertigte einige kleinere Selbstübersetzungen aus dem Deutschen ins Englische an und übertrug 1945 auch seine Dissertation über Mallarmé und George ins Englische; hinzu kamen mit Baudelaire-Gedichten, ebenfalls während seiner Zeit im amerikanischen Exil, Übersetzungen aus dem Französischen ins Englische.

Vordtriedes Nachlass befindet sich im Deutschen Literaturarchiv Mar­bach (A: Vordtriede, Werner: 44 Kästen, darunter Übersetzungen der Lyrik von Jules Laforgue, William Butler Yeats u. a.), außerdem bewahrt das Deut­sche Exilarchiv in Frankfurt seine Personalakte auf (Personalakte, D.09.97; enthält Briefe und Postkarten von 1938 aus dem Archiv der American Guild for German Cultural Freedom, New York; andere Briefe sowie Lebenslauf, Affidavit, Anstellungsvertrag, Vermögensbescheinigung, Anstellungsbestäti­gung, Gehaltsbescheinigung aus den Jahren 1939–1942 für seine Mutter Käthe Vordtriede aus den Akten des Emergency Rescue Committee, New York).

Quellen

Vordtriede, Werner (2002): Das verlassene Haus. Tagebuch aus dem amerikanischen Exil 1938–1947. [Lengwil]: Libelle Verlag.

Zitierweise

Baumann, Sabine: Werner Vordtriede, 1915–1985. In: Germersheimer Übersetzerlexikon UeLEX (online), 27. Juli 2022.