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Franz Bopp, 1791–1867

14. September 1791 Mainz (Kurfürstentum Mainz) - 23. Oktober 1867 Berlin (Königreich Preußen)
Original- und Ausgangssprache(n)
Sanskrit
Schlagworte
Übersetzerisches ProfilPhilologe als Übersetzer Übersetzte GattungenLegenden, Religiöse Texte, Versepen/Verserzählungen

Franz Bopp wurde am 14. September 1791 als Sohn eines kurmainzischen Futter- und Waagenschreibers in Mainz geboren. Nach der Eroberung der Stadt durch französische Revolutionstruppen siedelte die Familie mit dem kurfürstlichen Hof nach Aschaffenburg über. Auf dem Gymnasium bzw. Lyzeum dort entstand bereits Bopps Interesse an sprachgeschichtlichen Fragen. Sein Lehrer K.J. Windischmann hat 1816 in den Vorerinnerungen zu Bopps Erstlingsschrift Über das Conjugationssystem der Sanskritsprache den Bildungsweg seines Schülers geschildert:

Ausgezeichnet durch alle Classen ließ er insbesondere in den philosophischen Cursen bedeutenden Scharfblick und vorwaltende Neigung zu ernster Wissenschaft an sich erkennen. Diese widmete er vor allem der Sprachforschung, sogleich vom Anbeginn mit der Absicht, auf diesem Wege in das Geheimniß des menschlichen Geistes einzudringen und demselben etwas von seiner Natur und von seinem Gesetz abzugewinnen. So lernte er dann, minder aus einem vorherrschenden Talente der bloßen Sprachfertigkeit, als aus dem lebhaften Gefühl für die im Sprachenreichthum des Menschengeschlechts verborgenen Harmonien die Sprachen des classischen Alterthums sowohl, als die gebildetsten des neuern Europa und suchte dieselben seinem tief erforschenden Sinne gleichsam als Organe anzueignen. Dies alles geschah in der Stille und eben in ihr hegte er auch das Verlangen, den Sinn für die innere Natur der Sprache durch Bekanntschaft mit den ältesten Sprachen der Welt zu üben und zu schärfen. Er suchte sich mit dem größten Eifer den Charakter und die Denkart des morgenländischen Alterthums bekannt zu machen, benützte sowol die öffentlichen Vorträge hiesiger Lehranstalt, als den vertrautern Umgang mit seinen Lehrern, vorzüglich in Bezug auf orientalischen Mythus und Philosophie und ließ endlich seinen Wunsch, sich in Paris mit der orientalischen und insbesondere mit der indischen Literatur vorerst genau bekannt zu machen und dann ferner sein ganzes Leben hindurch mit ihr sich zu beschäftigen, bestimmter hervortreten. Mit diesen Vorbereitungen ging er 1812 nach Paris. Von diesem Augenblicke an, war sein Leben ein ununterbrochenes Studium vorzüglich der Sanskrit-Sprache und ihrer reichen Literatur. Daneben aber vernachläßigte er nicht, auch das Persische und Arabische zu erlernen, so wie überhaupt den Semitischen Sprachstamm stets einer ernstlichen Forschung werth zu halten. (Windischmann 1816: I–III)

Schon wenige Jahre nach dem Aufenthalt in Paris, wo er auch A.W. Schlegel kennen lernte, wurde er berühmt durch seine Studien zur Verwandtschaft des Sanskrit mit europäischen Sprachen. Mit ihnen schuf er die methodischen Grundlagen für die indogermanische Sprachwissenschaft. Seinen Grammatik-Studien wie bereits der frühen Schrift Über das Conjugationssystem der Sanskritsprache in Vergleichung mit jenem der griechischen, lateinischen, persischen und germanischen Sprache (Frankfurt/M. 1816) fügte Bopp mitunter umfangreiche Übersetzungen aus der klassischen indischen Literatur an. Im Untertitel der Schrift von 1816 etwa heißt es: „Nebst Episoden des Ramajan und Mahabbarat in genauen metrischen Uebersetzungen aus dem Originaltexte und einige Abschnitte aus den Veda’s“. Diesem „Nebst“ wird dabei mit seinen 150 Seiten ebenso viel Umfang eingeräumt wie der Darstellung der „Conjugationssysteme“.

Dem jungen Gelehrten finanzierte König Max I. von Bayern Mittel für einen Forschungsaufenthalt in London. Dort lernte Bopp Wilhelm von Humboldt kennen, der ihm wenig später eine Berufung an die Berliner Universität vermittelte.

1819 veröffentlichte Bopp im Verlag Treuttel et Würtz (London, Paris, Straßburg) eine lateinische Übersetzung von Sanskrit-Texten. 1824 folgte als zweisprachige Ausgabe Indralôkâgamanam. Arduschna’s Reise zu Indra’s Himmel, 2. Auflage bei Nicolai Berlin 1868, dort auch ebenfalls 1868 eine Ausgabe nur der deutschen Version mit dem Hinweis „aus dem Sanskrit im Urversmasse übersetzt“ (vgl. Jacob 1988: 189).

1829 – Bopp war mittlerweile ordentlicher Professor und Mitglied der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin – veröffentlichte er „aus der Ursprache übersetzt“ den Band Die Sündflut nebst der anderen wichtigen Episoden des ‚Mahâ-Bhârata‘ (28 S. Einleitung und 163 S. Text).

Bopp gehört somit zu jenen Philologen, die dank hoch spezialisierter Kenntnisse distanter Sprachen bisher unerschlossene Literaturen für ein des Deutschen mächtiges Publikum erschlossen haben. Seine durch ein fünfzig Jahre währendes Gelehrtenleben entstandenen sprachgeschichtlichen Studien zum Sanskrit, Gotischen, Keltischen, Griechischen, Persischen, Litauischen, Altslawischen, Armenischen, Albanischen oder auch den malayisch-polynesischen Sprachen finden heute noch ein fachgeschichtliches Interesse (vgl. Sternemann 1994). Auch Bopps Beitrag zur Entstehung der deutschen und europäischen Indologie wird vereinzelt erforscht. Seine Übersetzungen einschließlich ihrer zeitgenössischen Rezeption haben noch keine gründlichere translationshistorische Würdigung erfahren.

Quellen

Jacob, Herbert (1988): Bopp, Franz. In: Herbert Jacob: Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung aus den Quellen von Karl Goedeke. 2., ganz neu bearbeitete Auflage. Hg. von der Akademie der Wissenschaften der DDR, Zentralinstitut für Literaturgeschichte. Bd. XVII, Lieferung 1, S. 182–193.
Sternemann, Reinhard (Hg.) (1994): Bopp-Symposium 1992 der Humboldt-Universität zu Berlin. Akten der Konferenz vom 24.3.–26.3.1992 aus Anlaß von Franz Bopps zweihundertjährigem Geburtstag am 14.9.1991. Heidelberg: Universitätsverlag C. Winter.
Windischmann, K[arl] J[oseph Hieronymus] (1816): Vorerinnerungen. In: Franz Bopp über das Conjugationssystem der Sanskritsprache [...]. Hg. und mit Vorerinnerungen begleitet von Dr. K.J. Windischmann. Frankfurt/M.: Andreäische Buchhandlung, S. I–XXXXVI.

Zitierweise

Kelletat, Andreas F.: Franz Bopp, 1791–1867. In: Germersheimer Übersetzerlexikon UeLEX (online), 10. November 2024.