Erika Wiehe, 1908–1997
Erika Wiehe hat Anfang der 1930er Jahre auf Anregung von Leopold Magon an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald eine Dissertation über Leben und Werk des Übersetzers Gottlieb Mohnike geschrieben. Die 1934 publizierte Arbeit kann auch noch 90 Jahre später als ein Musterbeispiel für übersetzungshistorisches Forschen gelesen werden. Dies zeigt bereits ein Blick in das Inhaltsverzeichnis der Doktorarbeit:


Erika (Albertine Luise) Wiehe wurde am 28. Dezember 1908 als Tochter des Oberkriegsgerichtsrats Friedrich Wiehe und seiner Ehefrau Elisabeth, geb. Happe, in Kiel geboren. Nach der Versetzung ihres Vaters nach Berlin ging sie dort zur Schule und legte zu Ostern 1927 an einer sog. Höheren Mädchenschule1Es war die Westendschule, ein Oberlyzeum der Oberrealschulrichtung, die Reifeprüfung ab. Anschließend studierte sie Deutsch, Englisch und Schwedisch an den Universitäten Berlin, Heidelberg, Kiel und Greifswald. Nach drei bzw. sechs Semestern absolvierte sie die Ergänzungsprüfungen im Lateinischen und Altgriechischen. Die Staatsprüfung für das höhere Lehramt bestand sie im Sommer 1932 in Greifswald, das Rigorosum im November 1933.
Nach der Promotion, heißt es 1971 in einer biographischen Notiz,
absolvierte sie eine längere Lehrtätigkeit in den USA (Midsdlebury/Vermon, San Francisco und Los Angeles). Sei 1945 hat Frau Dr. Wentzlaff-Eggebert an verschiedenen wissenschaftlichen Forschungsaufgaben mitgewirkt. (Wentzlaff-Eggebert 1971: 273)
Von wann bis wann sie in Amerika war, lässt sich nicht sagen. Am 20. März 1934 hatte sie in Berlin den Germanisten Friedrich-Wilhelm Wentzlaff-Eggebert (1905–1999) geheiratet. Über ihren weiteren Lebensweg ist – außer dem Hinweis auf die Lehrtätigkeit in den USA – nur wenig bekannt, sie dürfte ihren Ehemann auf seiner akademischen Laufbahn begleitet und unterstützt haben: Habilitation in Berlin 1938, Privatdozent für Deutsche Philologie in Berlin bis 1941, vom Kriegsdienst als „unabkömmlich“ freigestellt, 1941–44/45 Germanistik-Professor an der Reichsuniversität Straßburg, 1944 Abordnung an die Erzieherakademie der Adolf-Hitler-Schule Sonthofen, daneben am 20. November 1944 Abordnung an die Universität Tübingen; nach Kriegsende als politisch belastet (aktives NSDAP-Mitglied) aller Ämter enthoben, bis 1955 Gymnasiallehrer für Deutsch und Latein in Lindau, 1956–1973 Germanistikprofessor an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (vgl. Klausnitzer 2003, Wischnath/Bauer-Klöden 2010: 106).
Wie ihr Ehemann musste sich auch Erika Wentzlaff-Eggebert vor der Spruchkammer Lindau einem Entnazifizierungsverfahren unterziehen. Die sie betreffende, im Staatarchiv Sigmaringen aufbewahrte Personalakte des „Staatskommissariats für die politische Säuberung“ konnte noch nicht eingesehen werden.
Neben ihrem Ehemann wird sie für die 1971 im Rowohlt-Verlag erschienene dreibändige Buchreihe Deutsche Literatur im späten Mittelalter als Autorin genannt, ebenso 1983 für den in der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft veröffentlichten Band über den Stand der Gryphius-Forschung.
Erika Wentzlaff-Eggebert verstarb am 23. März 1997 in Wasserburg am Bodensee.
Anmerkungen
- 1Es war die Westendschule, ein Oberlyzeum der Oberrealschulrichtung