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Joachim Hellmut Freund, 1919–2004

12. September 1919 Berlin (Deutsches Reich) - 29. Februar 2004 Frankfurt am Main (Bundesrepublik Deutschland)
Original- und Ausgangssprache(n)
Deutsch, Spanisch
Schlagworte
Übersetzte GattungenEssays, Sachtexte Sonstige SchlagworteArgentinien (Exil), Exil (NS-Zeit), Remigration (nach 1945), Uruguay (Exil)

Vorbemerkung der Redaktion

Zuvor erschienen in: Tashinskiy, Aleksey / Boguna, Julija / Rozmysłowicz, Tomasz: Translation und Exil (1933–1945) I: Namen und Orte. Recherchen zur Geschichte des Übersetzens. Berlin: Frank & Timme 2022, S. 413–415.

J. Hellmut Freund wurde am 12. September 1919 in Berlin geboren. Sein Va­ter Georg Freund war Redakteur der Deutschen Allgemeinen Zeitung, seine Mutter Julie, geborene Putzig, stammte aus Bad Freienwalde an der Oder. Er besuchte das Askanische Gymnasium und war neben Marcel Reich-Ranicki der letzte jüdische Schüler, der 1938 noch das Abitur an einem städtischen Berliner Gymnasium ablegen konnte. Er hätte gern Germanistik studiert und wollte entweder Lehrer oder Journalist werden, obwohl er sich auch sehr für Fotografie und Musik interessierte (Freund 2005: 167). Der Vorgesetzte sei­nes Vaters hatte Beziehungen zum uruguayischen Gesandten, und so emi­grierte die Familie 1939 mitsamt den Großeltern Putzig und Hellmuts Onkel Hermann Putzig von Hamburg aus auf dem Semi-Cargo-Schiff Kergeulen über Le Havre, Lissabon, Rio de Janeiro und Santos nach Montevideo.

Dort übernahm sein Vater die Redaktion des Wochenblatts der deutsch­sprachigen jüdischen Gemeinde, für das Hellmut Theaterkritiken schrieb. Da die deutsche Schule von den Nationalsozialisten gleichgeschaltet worden war und viele Uruguayer ihre Kinder daher abgemeldet hatten, ergab sich für ihn die Gelegenheit, als Hauslehrer Deutschunterricht zu erteilen. Dadurch schloss er viele Freundschaften, unter anderem mit dem Architekten Antonio Cra­votto und dem Politiker Luis Batlle Berres. In dessen Radio Ariél arbeitete er mit, seit er den berühmten Dirigenten Fritz Busch interviewt hatte und des­sen Bekenntnis gegen den Nationalsozialismus veröffentlichen konnte. Für die tägliche Sendung Voz del Día verfasste und sprach Hellmut Freund kul­turelle Berichte. Eine Zeit lang beschäftigte Busch ihn als Privatsekretär wäh­rend seines Aufenthalts am Teatro Colón in Buenos Aires. Mit dem Lufthan­sa-Erstflug aus Montevideo kehrte Freund als Journalist 1957 erstmals nach Deutschland zurück. Er konnte verhindern, dass der Nationalsozialist Hans Globke, wie ursprünglich vorgesehen, unter den Ehrengästen der Maschine war. 1960 kam er endgültig nach Deutschland zurück, nachdem ihn Gott­fried Berman Fischer als Lektor für seinen Verlag angeworben hatte. Er starb am 29. Februar 2004 in Frankfurt und wurde dort auf dem Neuen Jüdischen Friedhof beigesetzt.

Translatorisches

Schon als Jugendlicher habe er beim Lesen immer auf Verfasser und Über­setzer geachtet, schreibt er in seiner Autobiografie Vor dem Zitronenbaum. Autobiographische Abschweifungen eines Zurückgekehrten (2005: 24). Aus Berlin rührte die Freundschaft mit der nach England emigrierten Familie Hamburger: Dem Sohn Michael, der in und aus zwei Sprachen übersetzte, begegnete er im Verlag später wieder (ebd.: 74). Für die Dichterin, Verlegerin und Herausgeberin der Zeitschrift Entregas de la Licorne Susana Soca, die länger in Paris gelebt hatte, empfahl und übersetzte er deutsche Beiträge, die zum Teil der Neuen Rundschau des Verlags S. Fischer entstammten, für den Freund nach seiner Rückkehr nach Deutschland den Rest seines Lebens als Lektor tätig sein und unter anderem die Ausgabe der Tagebücher Thomas Manns betreuen sollte. Nachdem Freund 1954 auf einer Tagung der UNES­CO Dolf Sternberger kennengelernt hatte, steuerte dieser einen Essay für Su­sana Socas Zeitschrift bei. Für La Licorne übersetzte Freund außerdem Die Wege und die Begegnungen von Hugo von Hofmannsthal, Plato, das Mittel­meer und das optische Mysterium von Rudolf Pannwitz, ein Fragment von Thomas Mann sowie Kapitel über Caroline aus dem Schelling-Buch von Karl Jaspers (ebd.: 371f.).

Quellen

Baumann, Sabine (2003): Berlin - Montevideo - Frankfurt/Main. J. Hellmut Freund: Erinnerungen an Vertreibung und Exil. In: Tribüne. Zeitschrift zum Verständnis des Judentums, Jg. 42 (2003), H. 168, S. 170–181.
Freund, J. Hellmut (1948): Aus dem Montevideaner Kulturecho. In: Zehn Jahre La Voz del Día, hg. von Audición La Voz del Día, Red. Liselott Reger 1948. S. 25–27 (Deutsches Exilarchiv EB 89/63).
Freund, J. Hellmut (2005): Vor dem Zitronenbaum. Autobiographische Abschweifungen eines Zurückgekehrten. Frankfurt/M.: S. Fischer.
Wegner, Sonja (2013): Zuflucht in einem fremden Land. Exil in Uruguay 1933–1945. Berlin, Hamburg: Assoziation A.

Archiv

Korrespondenz mit J. Hellmut Freund im Nachlass von Dolf Sternberger, Deutsches Literaturarchiv Marbach.

Zitierweise

Baumann, Sabine: Joachim Hellmut Freund, 1919–2004 . In: Germersheimer Übersetzerlexikon UeLEX (online), 13. Mai 2022.