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Maria Reichenbach, 1909–2013

1909 Berlin (Deutsches Reich) - 2013 Los Angeles (USA)
Original- und Ausgangssprache(n)
Deutsch, Englisch
Schlagworte
Übersetzerisches ProfilExilübersetzer, Sprachwechsel Übersetzte GattungenFachtexte, Philosophie Sonstige SchlagworteExil (NS-Zeit), Türkei (Exil), USA (Exil)

Vorbemerkung der Redaktion

Dieses Biogramm entstand im Rahmen des DFG-geförderten D-A-CH-Projekts Exil:Trans (2019–2022) und erschien zuerst in: Tashinskiy, Aleksey / Boguna, Julija / Rozmysłowicz, Tomasz: Translation und Exil (1933–1945) I: Namen und Orte. Recherchen zur Geschichte des Übersetzens. Berlin: Frank & Timme 2022, S. 446–447.

Maria Moll erwarb ihren Doktortitel der Philosophie 1933 an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, noch bevor sie nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten für neun Monate ins italienische Exil ging. Nach einem kurzen Stopp in Berlin lernte sie 1934 eine deutsch-jüdische Familie kennen, mit der sie nach Istanbul mitzog. Dort angekommen machte sie schnell Be­kanntschaft mit den ebenfalls aus Deutschland emigrierten Akademiker*in­nen, darunter dem Wissenschaftsphilosophen Hans Reichenbach sowie des­sen erster Frau Elisabeth und ihren zwei Kindern. 1939 folgte Hans Rei­chen­bach dem Ruf der UCLA nach Kalifornien, wo er seinen Lehrstuhl als Pro­fessor der Philosophie bis an sein Lebensende 1953 innehielt. Maria Moll hei­ratete noch in Istanbul und die junge Familie, mit ihrem gemeinsamen Sohn Frank, wanderte ebenfalls 1939 nach Los Angeles aus, wo Maria Hans Rei­chenbachs Kurse an der UCLA besuchte und schließlich an der UCLA habili­tierte. 1946 heirateten Hans und Maria, nachdem sie sich zuvor von ihren Eheleuten scheiden ließen. 1949 bewarb sich Maria Reichenbach auf die Pro­fessur der Philosophie am Los Angeles City College, wo sie bis 1974 unter­richtete.

Mit ihrer Ehe und dem regen Austausch auf ihrem gemeinsamen Fachgebiet profilierte sich Maria Reichenbach zur fachkundigen Übersetzerin der deutsch- und englischsprachigen Werke ihres Mannes. Hans Reichenbach bezeichnete schon im Jahre 1946 in einem Brief an den Verlag Birkhäuser Maria Leroi (damals noch nicht geschieden) als ausgezeichnete Wahl für den Auftrag für die Übersetzung von Philosophic Foundations of Quantum Me­chanics ins Deutsche, da sie mit dem Inhalt bestens vertraut sei und er selbst die Übersetzung „überwachen und durchsehen“1Hans Reichenbach an den Verlag Birkhäuser, Brief vom 27. Januar 1946. Hans Reichenbach Papers, HR037-03-128. könne. 1949 Jahr erschie­nen nicht nur Philosophische Grundlagen der Quantenmechanik, Maria tauchte ebenfalls neben Ernest H. Hutten als Co-Übersetzerin der englischen Ausgabe der Wahrscheinlichkeitslehre (The Theory of Probability) auf. Hans Rei­chenbachs Bestseller The Rise of Scientific Philosophy erschien 1951 und wurde im Anschluss in zahlreiche Sprachen übersetzt. Marias deutsche Übersetzung mit dem Titel Der Aufstieg der wissenschaftlichen Philosophie wurde 1953 veröffentlicht. Nach Hans’ Tod trat Maria Reichenbach zum ersten Mal als Herausgeberin seines 1956 posthum erschienen Buches The Direction of Time auf. Daraufhin folgten weitere Übersetzungen älterer Publikationen ihres Mannes aus dem Deutschen: The Philosophy of Space and Time (1958) sowie die von Maria herausgegebenen und unter dem Titel Modern Philo­so­phy of Science: Selected Essays (1959) gesammelten Aufsätze Reichenbachs. 1965 übersetzte sie zusätzlich noch die 45 Jahre zuvor erschienene Relativitätstheorie und Erkenntnis apriori ins Englische. Ab 1977 gab Maria Reichen­bach beim Verlag Vieweg & Teubner die gesammelten Werke ihres Mannes in zwei Bänden auf Deutsch heraus. 1978 folgten dann die Selected Writings auf Englisch, ebenfalls in zwei Bänden, im Reidel Verlag. Gemeinsam mit Andreas Kamlah gab sie zuletzt 1983 die deutsche Übersetzung seines 1938 er­schienen Buches Experience and Prediction (Erfahrung und Prognose) heraus.

Anmerkungen

  • 1
    Hans Reichenbach an den Verlag Birkhäuser, Brief vom 27. Januar 1946. Hans Reichenbach Papers, HR037-03-128.

Quellen

Reichenbach, Maria (1978): Memories of Hans Reichenbach: Maria Reichenbach. In: Cohen, Robert / Reichenbach, Maria (Hg.): Hans Reichenbach. Selected Writings 1909–1953. Vol. 1. Dordrecht, Boston: D. Reidel, S. 78–88.
Reichenbach, Maria (1993): Erinnerungen und Reflexionen. In: Haller, Rudolf / Stadler, Friedrich (Hg.): Wien – Berlin – Prag. Der Aufstieg der wissenschaftlichen Philosophie. Wien: Hölder-Pichler-Tempsky, S. 284–295.

Archiv

Hans Reichenbach Papers, 1884–1972, ASP.1973.01, Archives of Scientific Philosophy, Archives & Special Collections, University of Pittsburgh Library System.

Zitierweise

Avkıran, Ariadne Sevgi: Maria Reichenbach, 1909–2013. In: Germersheimer Übersetzerlexikon UeLEX (online), 27. Juli 2022.