Ernst Simon, 1870–?
Vorbemerkung der Redaktion
Das Biogramm wurde im Rahmen des internationalen Forschungsprojekts Exil:Trans zum Leben und Arbeiten von Übersetzern und Übersetzerinnen im Exil (1933–1945) erstellt und erschien zuerst im März 2022 in der an der Universität Wien betreuten biografischen Datenbank des Projekts.
Ernst Simon und seine Frau Elisabeth (Elise), geb. 1874 in Offenbach, wohnten in der Wiener Brucknerstraße, gemeinsam mit ihrem Sohn Erich, später Eric, der 1907 auf die Welt kam und später als Musiker, Komponist und Dirigent bekannt werden würde. Ernst Simon war Mitarbeiter, Gesellschafter und Übersetzer für verschiedene, teils kurzlebige, Verlage: Amonesta-Verlag (1926-1936, Wien-Berlin-Leipzig), Verlag für Kulturforschung (Wien-Leipzig), Hagenberg-Verlag (1933-1934, Wien) und Zinnen-Verlag (1932-1938, Wien, Basel, Leipzig). Die Verlage waren allesamt personell und geschäftlich eng verwoben (vgl. Hall 1985, Gruschka 1995: 97). Die Gesellschafter des Amonesta Verlages waren Leo Schidrowitz und Gustav Ullmann.
Simon übersetzte für den Verlag für die zwei Reihen anglo-amerikanischer Kriminalromane bzw. Unterhaltungsromane über Liebesabenteuer unter anderem Agatha Christie und Alfred Machard. Seine Übersetzungen erschienen etwas später auch beim Zinnen-Verlag, bei dem Ernst Simon auch als Geschäftsführer fungierte sowie bei der Unternehmensanmeldung in Zürich den dortigen Zinnen-Verlag mitbegründete. Drei Romanübersetzungen Simons (Die gute Erde, Pearl S. Buck und J.P. McEvoys Kuss! – Abblenden! – Ein verrückter Hollywood-Roman und Ursula Parrotts Pat zwischen zwei Ehen bzw. Die Frau für alle und einen – Roman einer geschiedenen Frau) erschienen nicht nur in Buchform, sondern auch als Fortsetzungsromane in Wiener Zeitungen bzw. Zeitschriften.
Im Zinnen-Verlag waren Dreiviertel der zwischen 1932-1938 erschienen Werke Übersetzungen (aus dem Amerikanischen, Englischen, Rumänischen, Dänischen, Italienischen, etc.). Die Verlagsstrategie zielte darauf ab, „Werke, die in ihrer Heimat zu den größten literarischen Erfolgen gehörten, in deutscher Sprache zu verlegen“ (Hall 1985). Nach 1938 bekam der Verlag und die Verlagsleitung die volle Härte der nationalsozialistischen antisemitischen Verfolgung zu spüren. Bernd R. Gruschka schreibt dazu:
Angesichts dieser Konflikte mit der nationalsozialistischen Buchpolitik und angesichts des verlegerischen Programmes des Zinnen-Verlages wie auch der ganzen Amonesta-Verlagsgruppe geriet die jüdische Leitung dieser Verlage nach der militärischen Besetzung Österreichs im März 1938, dem sogenannten „Anschluß“, in Schwierigkeiten. Am 5.8.1938 wurde die Amonesta Buchhandlung von der Geheimen Staatspolizei gesperrt und später unter kommissarische Verwaltung gestellt. August Amonesta starb 1942 im Konzentrationslager Auschwitz, Leo Schidrowitz emigrierte. Das Schicksal Gustav Ullmanns ist ebensowenig bekannt wie das von Ernst Simon. (Gruschka 1995, 101 mit Verweis auf Murray Hall)
Inzwischen lassen sich aber einige Daten über Ernst Simons „Schicksal“ hinzufügen, denn Ernst Simon konnte sich ins Exil retten. Wann genau er aufgrund der rassistischen Verfolgung aus Wien emigrierte, ist aber schwer zu sagen. Laut Passagierlisten reisten Ernst und Elizabeth Simon schon 1931 einmal in New York in die USA ein, gemeinsam mit ihrem Sohn Erich Simon, der damals 23 Jahre alt war. Auf der Passagierliste der S.S. Oriente, die New York am 18.4.1931 aus Havanna erreichte, ist bei allen drei Simons verzeichnet, dass sie Englisch und Deutsch in Wort und Schrift beherrschen und mit einem temporären Visum einreisten, das in Wien ausgestellt worden war. Endgültig verließen sie Wien kurz vor dem „Anschluss“ 1938. In Korrespondenz mit den nationalsozialistischen Behörden, in der es um die Vermögensanmeldung sowie die „Reichssteuerflucht“ geht, gaben die Simons an, dass sie ihren Wohnsitz in Wien am 22. Februar 1938 aufgaben. Im Juni 1938 gab Ernst Simon als Korrespondenzadresse die New Yorker Firma „Jonas & Naumburg“ an, eine Pelz- und Lederfabrik. Im selben Monat befanden sich die Simons laut Auskunft ihres bevollmächtigten Vertreters aber „derzeit in Zürich“. 1941 wurde das Vermögen Simons beschlagnahmt.
Aus den biografischen Rekonstruktionen über den Sohn Erich (Eric) Simon lässt sich schließen, dass 1938 jedenfalls die USA und New York zum Lebensmittelpunkt der Familie wurde. Ob Ernst Simon in New York noch arbeitete, immerhin war er bereits in fortgeschrittenem Alter, kann nicht festgestellt werden. Es wurden jedenfalls keine neuen Übersetzungen mehr veröffentlicht. Simons Übersetzungen, unter anderem auch Pearl Bucks The Good Earth / Die gute Erde, erschienen in verschiedenen Verlagen bis in die 1970er, u.a. in Berlin bei Aufwärts und in München/Wien bei Desch oder bei Zsolnay. In den üblichen biografischen Handbüchern der Emigration finden sich keine Einträge zu Ernst Simon.
Die Übersetzungen Ernst Simons sind in der DLBT (https://dlbt.univie.ac.at) eingetragen.