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Philipp Schaeffer, 1894–1943

16. November 1894 Königsberg (Deutsches Reich) - 13. Mai 1943 Berlin-Plötzensee (Deutsches Reich)
Original- und Ausgangssprache(n)
Chinesisch, Japanisch, Mandschurisch, Russisch, Sanskrit, Tibetanisch
Schlagworte
Sonstige SchlagworteNS-Opfer

Vorbemerkung der Redaktion

Dieses Porträt entstand im Rahmen des DFG-geförderten D-A-CH-Projekts Exil:Trans (2019–2022).

Philipp Schaeffer hatte das Zeug, zu einem herausragenden Vermittler asiatischer Sprachen und Kulturen zu werden. Aber die Zeiten waren nicht danach. Auf das Studium der Orientalistik und die Promotion (Heidelberg 1924) folgten Jahre der Arbeitslosigkeit und Tätigkeiten in einer Stadtbücherei. 1935 musste er für fünf Jahre ins Zuchthaus wegen der Herstellung illegaler kommunistischer Schriften und „Vorbereitung zum Hochverrat“. Nach der Entlassung arbeitete er zwei Jahre als Expedient bzw. Packer für einen Kühlanlagenbetrieb, wurde erneut verhaftet und wegen seiner Verbindung zu weiteren Widerstandskämpfern, auch zur „Roten Kapelle“, am 13. Mai 1943 in Plötzensee hingerichtet.

Der am 16. November 1894 in Königsberg geborene Philipp Schaeffer wuchs in einer wohlhabenden Familie in Sankt Petersburg auf. Das Abitur machte er am Gymnasium der deutschen reformierten Gemeinde (Fremdsprachen: Latein, Altgriechisch, Russisch, Französisch) und begann 1913 mit dem Studium der Sinologie an der St. Petersburger Universität. Der 19jährige beschäftigte sich mit dem Chinesischen, Japanischen und Mandschurischen sowie – vielleicht auch angeregt durch Arbeiten des Petersburger Gelehrten Otto Rosenberg – mit dem modernen Buddhismus im fernen Osten. Doch schon nach einem Jahr wurde das Studium unterbrochen, gemeinsam mit seinem Vater Johann Philipp Schaeffer musste er zu Beginn des ersten Weltkrieges die russische Hauptstadt als „feindlicher Ausländer“ verlassen, bis März 1918 lebten Vater und Sohn in dem Verbannungsort Schenkursk im  Gouvernement Archangelsk:

Es war ein für die beiden Männer einfaches, schweres und entbehrungsreiches Leben. Sie bauten Boote, fingen Fische, knüpften Netze und schlugen Holz für den langen kalten Winter. Philipp Schaeffer verliebte sich in eine russische Lehrerin. (Coppi 2005: 367)

Schaeffer und die Lehrerin Antonina Glasatschewa heirateten 1916, die Tochter Antonie Tosca kam 1917 in Schenkursk zur Welt, eine zweite Tochter, Irene, 1918 in Petrograd. Anfang Juni 1918 war Schaeffer in Deutschland und wurde in Karlsruhe zum Militär eingezogen, kam aber nicht mehr an die Front. 1919 gehörte er dann jedoch einem deutschen Freikorps an, das im Baltikum gegen die lettische Sowjetrepublik kämpfte. Vor diesem Hintergrund erstaunt sein in den 20er Jahren erfolgter Schwenk zum Kommunismus. Schaeffers Biograph Franz Coppi vermutet, dass die Bekanntschaft mit László Radványi, dem Lukács-Schüler und Teilnehmer an der ungarischen Räterepublik, Schaeffers politische Ausrichtung beeinflusst haben könnte (ebd.: 376). Radványi studierte nach seiner Flucht aus Budapest ab 1920 in Heidelberg, 1924 trat er in die KPD ein, 1928 taten das auch seine Ehefrau Netty Radványi und Schaeffer. Die beiden studierten ebenfalls ab 1920 in Heidelberg und lernten sich 1921 im Sinologischen Seminar kennen. Anna Seghers, wie sich Annette Reiling bzw. Netty Radványi ab den späten 20er Jahren nannte, veröffentlichte 1975 in der Neuen Berliner Illustrierten ihre Erinnerungen an den Studenten Schaeffer und ihre gemeinsame Faszination für das Chinesische und die ostasiatischen Kulturen (Seghers 1975). Dort heißt es u.a.:

Sein Talent für ostasiatische Sprachen kam mir erstaunlich vor. Mein eigenes Fach war Kunstgeschichte, besonders, zu jener Zeit, ostasiatische. Ich glaubte, ich könnte schnell lernen, die Inschriften auf alten chinesischen Bildwerken zu entziffern.

Es war in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg. Besatzung. Inflation. Das Essen auf der Mensa war mager und schlecht für jeden Studenten. Das Geld, das die Familien schickten, war, bis es ankam, Papiermillionen und nichts mehr wert. Schaeffer hatte keine Familie, die ihm etwas schickte. [Er] ging in den Steinbruch arbeiten, um für sein Sprachstudium Geld zu verdienen. […] So ausgehungert war Schaeffer, daß ich ihn zu meinen Eltern [nach Mainz; AFK] schickte, um ihn herauszufuttern. Abends in ihrer Wohnung erzählte er ihnen hundert Geschichten von seinen Reisen und seinen Berufen. […] Ich höre den baltischen Tonfall seiner Stimme, wenn er, halb sich selbst, halb für mich, aus einem chinesischen Text zitierte. […] In schönen chinesischen Schriftzeichen schrieb mir Schaeffer als Geschenk zum Doktorat [4. November 1924; AFK] eins meiner Lieblingsmärchen auf Seidenpapier. Das Wandbild. Es ist einer alten chinesischen Märchensammlung entnommen. (Seghers 1975)

Für seine Ende 1923 eingereichte tibetologische Dissertation Yukti şaştika kārikā des Nāgārjuna hat Schaeffer die sog. 60 Lehrverse des Negativismus des buddhistischen Philosophen aus einer chinesischen und tibetanischen Version übersetzt, da das Sanskrit-Original verschollen ist. Die nur 21 Textseiten (von denen 15 auf die Übersetzung entfallen) und 6 Seiten mit fotographischen Abbildungen der chinesischen und tibetischen Texte wurden 1924 als drittes Heft der Heidelberger Materialien zur Kunde des Buddhismus gedruckt. Ebenfalls noch 1924 erschien als Heft Nr.6 in dieser, von seinem Doktorvater Max Walleser herausgegebenen Reihe auch Schaeffers aus dem Russischen übersetzte Studie seines 1919 versorbenen Petersburger Lehrers Otto Rosenberg Die Weltanschauung des modernen Buddhismus im fernen Osten.

Einer 2017 veröffentlichten Walleser-Biographie lässt sich entnehmen, welche Veranstaltungen Schaeffer zwischen 1921 und 1923 bei seinem Lehrer belegt hatte – als mitunter einziger Hörer: Der buddhistische Relativismus, Chinesisch-buddhistische Texte, Tibetisch, Sanskrit-chinesischer Parallelkurs, Chinesisch-tibetischer Parallelkurs, Einführung in die indische Philosophie, Einführung in die einheimische Grammatik und Lexikographie (vgl. Peschke 2017: 1057f.). Zu seinen Heidelberger Professoren gehörte auch der Sinologe Friedrich Ernst August Krause, der u.a. zu Sprache und Schrift in China und Japan forschte und mit dem Schaeffer bereits 1922 eine gemeinsame Publikation veröffentlichte, in der es u.a. um den „Bolschewismus in Asien“ ging (vgl. Kampen 2011: 14 u. 17).

Zu dem Thema chinesische Schriftzeichen veröffentlichte Schaeffer 1925 in der Monatsschrift Der Bücherkreis1Der Bücherkreis war das von Friedrich Wendel verantwortete, künstlerisch und drucktechnisch aufwendig gestaltete Mitteilungsblattder gleichnamigen, im Oktober 1924 in Berlin gegründeten sozialdemokratischen Buchgemeinschaft, die – ähnlich wie die Büchergilde Gutenberg – auf genossenschaftlicher Basis und ohne Gewinnabsichten tätig war. Die Namen der Beiträger lassen eine Verortung der Bücherkreis-Aktivitäten im linken Spektrum der Arbeiterbewegung erkennen: Martin Andersen Nexö, Max Barthel, Oskar Maria Graf, Armin T. Wegner, Paul Zech. Zur Programmatik vgl. den Aufsatz Unsere Organisation in Heft 6, März 1925, S. 17f.einen Aufsatz, der seine Begabung zur Popularisierung komplexer Themen zeigt:

Das Prinzip, aus dem die chinesische Schrift entstand, ist nicht wie bei uns die Wiedergabe des Lautes, sondern die rein zeichnerische Wiedergabe des Gegenstandes, der übermittelt werden soll. Dieses hieroglyphische Prinzip bewirkte auch, daß die älteste Schrift nur Begriffe behandeln konnte, die sich zeichnerisch erfassen ließen. So finden wir auch die Zeichen für Sonne, Mond, Baum, Berg, Mensch, Kind, Pferd, Elephant, Schildkröte usw. auf den ältesten Denkmälern, die wir mit Bestimmtheit auf die Zeit um 1500 vor Christi Geburt datieren dürfen, vorherrschen. Doch die Entwicklung des Volkes brachte im Laufe der Zeit eine Menge Abstrakta mit sich und die nächste Aufgabe des Chinesen wurde es, die Wiedergabe für solche Begriffe zu finden, die eben nicht gesehen werden konnten. Als erstes hätten wir die Zahlen, dann Begriffe wie: oben, unten, Mitte usw. Ferner konnte man aus den bereits vorhandenen Zeichen durch Kombinieren neue Begriffe, nach Art unserer Rebusrätsel, bilden; so aus den Zeichen „Weib“ und „Kind“ – „lieben“, aus „Mann“ und „Wort“ – „Treue“, aus „Mund“ und „Vogel“ – „singen“ usw. Durch Verdoppelung eines Zeichens entstand eine weitere Gruppe, so zum Beispiel: 2 mal Mund = Ehepaar, 2 mal „Baum“ = „Hain“, 3 mal „Baum“ = „Wald“, 2 mal „Weib“ = „Streit“.

Man sieht, daß die alten Chinesen eines gewissen Humors nicht bar waren und daß auch damals die Menschen nicht anders waren als jetzt. (Schaeffer 1925: 10f.)

Ein weiterer ebenfalls noch 1925 im Bücherkreis gedruckter Aufsatz Der Ostasiate und seine Kunst scheint Schaeffers letzte asienkundliche Veröffentlichung gewesen zu sein. Eine Stelle im Wisssenschaftsbetrieb konnte Schaeffer nicht bekommen. Auch sein Versuch, in den deutschen diplomatischen Dienst und in ein Konsulat in China zu wechseln, scheiterte, das Außenministerium war eher an Bewerbern mit einem Jura-Abschluss interessiert (Coppi 2005: 371). In Berlin, wohin Schaeffer mit Frau und Töchtern 1925 umgezogen war2Die Ehe wurde 1927 geschieden, vermutlich wegen Schaeffers politischer Radikalisierung (vgl. Coppi 2005: 376); er heiratete 1929 die Bildhauerin Ilse Liebig (1899–1972), die 1931 ebenfalls Mitglied der KPD wurde und sich im Widerstand gegen den NS-Staat engagierte. 1942 wurde sie wie ihr Mann verhaftet und 1943 zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. (ebenso wie die Familie Radványi/Seghers)3„Guter Abend bei Schaeffers“ notierte Anna Seghers am 25. März 1925 in ihr Tagebuch (Seghers 2003: 27)., übernahm er Aushilfsarbeiten, bis er 1927 eine feste Anstellung in der Stadtbücherei Berlin-Mitte erhielt. 1932, auf dem Höhepunkt der Arbeitslosigkeit in der Weimarer Republik, wurde Schaeffer entlassen, offiziell in Folge einer „Umorganisation“, tatsächlich aber wohl wegen seiner Mitgliedschaft in der KPD und der RGO, der kommunistischen Revolutionären Gewerkschafts-Opposition.

Schon vor der Machtübernahme durch Hitler und die NSDAP hatte sich Schaeffer gegen die Nazis engagiert. Zuständig war er – vermutlich als Mitglied des militärpolitischen Apparats der KPD – insbesondere für die Zersetzung der SA, konkret für die Herausgabe und Verteilung der Roten Standarte, einer hektographierten Zeitung, „die SA-Angehörige aufforderte, die Reihen der Nazis zu verlassen und sich der KPD anzuschließen“ (Coppi 2005: 378). Im März 1935 wurde er verhaftet und im November vom Berliner Kammergericht wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt (ebd.: 380).

Mehrere politische Gefangene haben in ihren Erinnerungen über Schaeffers Zeit im Zuchthaus Luckau berichtet. Wilhelm Guddorf lernte von Scheffer Russisch und befasste sich auch mit dem Chinesischen und Japanischen, Wolfgang Abendroth riet er, als Gedächtnistraining Persisch und Arabisch zu lernen. Anna Seghers bekam von dem Gefängnispfarrer in Luckau einen Brief nach Frankreich geschickt mit der Bitte, „ihm mein chinesisches Wörterbuch zu schicken, der Gefangene Philipp Schaeffer würde sich damit freuen, und es könnte sein Leben erleichtern“ (Seghers 1975).

Nach seiner Entlassung im Frühjahr 1940 wurde Schaeffer weiterhin von der Gestapo überwacht. Er nahm trotzdem Kontakt zu anderen Widerstandskämpfern auf, wurde erneut verhaftet und am 6. Februar 1943 als „unverbesserlicher und rückfälliger Hochverräter“ zum Tode verurteilt.

In einem von Günther Weisenborn in seiner Dokumentation Der lautlose Aufstand veröffentlichten Bericht heißt es über Schaeffer:

Ostern 1942 wurde Philipp Schaeffer von Elisabeth Schumacher alarmiert, ihr bei der Rettung eines alten jüdischen Ehepaares zu helfen. Die Alten waren lebensmüde, als sie die Pogromwelle auch an sich herannahen fühlten. Nun griffen sie zum Gashahn. Der Portier verbot, die Tür des Korridors einzuschlagen. Philipp erklärte sich bereit, mit dem Luftschutzseil vom 3. in den 2. Stock ins Fenster einzusteigen. Das Seil war nicht überprüft und riß, und Philipp lag mit schwerer Gehirnerschütterung, Unterarmbruch, Becken- und Oberschenkelbruch im Hof. Er wurde in ein Krankenhaus gebracht, aus dem heraus er verhaftet wurde.4Schaeffer lag sechs Monate im Gertraudenkrankenhaus, „kam am 1. Oktober nach Hause und wurde einen Tag später im Rahmen des Verfolgungskomplexes ‚Rote Kapelle‘ von der Gestapo erneut verhaftet“ (Coppi 2005: 384).

Sein Humor und sein Gleichmut blieben bis zuletzt unerschütterlich. Schaeffer war Sinologe und arbeitete an einem ersten ausführlichen Wörterbuch. Dr. Schaeffer wurde zur Last gelegt, daß er die Tätigkeit seiner Freunde der Gestapo nicht gemeldet habe. In seinem Schlußwort vor Gericht erhob er sich mit Hilfe seiner Krücken und sagte dem Gericht stolz ins Gesicht: „Meine Herren, ich bin hier gefragt worden, warum ich diese Sache nicht angezeigt habe. Darauf kann ich Ihnen nur erwidern: Ich bin kein Handlanger der Polizei.“

Am 13. Mai 1943 wurde er im Alter von 45 Jahren hingerichtet. (Weisenborn 1962: 199f.)

Mit der Arbeit an seinem Chinesisch-Wörterbuch hatte Schaeffer Mitte der 20er Jahre noch in Heidelberg begonnen. 1934 soll er bereits „mehrere tausend säuberlich in Karteikästen geordnete chinesische Schriftzeichen“ besessen haben (Coppi 2005: 370) und noch wenige Tage vor seiner Hinrichtung schickte er ein Gesuch an das Reichskriegsgericht, „ihm eine Schreibmöglichkeit zu gewähren, damit er das System des von ihm entwickelten Wörterbuchs aufschreiben und es somit der Nachwelt erhalten könne. Der Antrag wurde abgelehnt“ (ebd.: 372f.).

Nachwelt

Der in den 1950er und 60er Jahren an der Humboldt-Universität lehrende Sinologe und Übersetzer aus dem Chinesischen, Russischen und Estnischen Siegfried Behrsing (1903–1994) stiftete 1984 einen Förderpreis für Nachwuchswissenschaftler, der Philipp Schaeffer gewidmet war.

Die Bibliothek in Berlin-Mitte, deren Mitarbeiter Schaeffer von 1927 bis 1932 war, erhielt 1952 Schaeffers Namen. Auf der Internetseite der Stadtbibliothek Berlin-Mitte wird an ihn erinnert. Schaeffers Tochter Antonie Tosca Grill hielt am 17. Juni 2003 in der Bibliothek den Vortrag Philipp Schaeffer – mein Vater (Coppi 2005: 369).

Die bisher gründlichste, auf umfassenden Archivstudien fußende Darstellung von Philipp Schaeffers Lebensstationen stammt von Hans Coppi, dessen Eltern 1942 bzw. 1943 als Angehörige der Roten Kapelle ebenfalls in Plötzensee hingerichtet worden waren (Coppi 2005).

In der Seghers-Forschung wird regelmäßig auf Schaeffer verwiesen, wenn es um die gemeinsamen Studienjahre in Heidelberg bzw. um das Thema „Seghers und China“ geht. Wie wichtig für sie die Freundschaft mit Schaeffer war, von dem sie zuletzt 1935 gehört hatte, zeigt auch die Schlusspassage ihres Aufsatzes von 1975:

Als ich nach dem Ende des Krieges nach Berlin zurückkam [im April 1947; AFK], war ich so gut wie überzeugt, Schaeffer schnell zu finden. Mich leitete eine Gewißheit, eine sinnlose, wie ich bald merkte, Philipp Schaeffer würde mir beistehen in dieser zertrümmerten Stadt, unter ihren verwirrten Menschen. Ich fand aber nirgends seine Spur.

Zufällig erzählte mir eines Tages Günther Weisenborn von dem Schulze-Boysen – Harnack-Prozeß. Ich fragte ihn aufs Geratewohl nach Philipp Schaeffer. Da erfuhr ich, die Nazis hatten ihn enthauptet.

Anmerkungen

  • 1
    Der Bücherkreis war das von Friedrich Wendel verantwortete, künstlerisch und drucktechnisch aufwendig gestaltete Mitteilungsblattder gleichnamigen, im Oktober 1924 in Berlin gegründeten sozialdemokratischen Buchgemeinschaft, die – ähnlich wie die Büchergilde Gutenberg – auf genossenschaftlicher Basis und ohne Gewinnabsichten tätig war. Die Namen der Beiträger lassen eine Verortung der Bücherkreis-Aktivitäten im linken Spektrum der Arbeiterbewegung erkennen: Martin Andersen Nexö, Max Barthel, Oskar Maria Graf, Armin T. Wegner, Paul Zech. Zur Programmatik vgl. den Aufsatz Unsere Organisation in Heft 6, März 1925, S. 17f.
  • 2
    Die Ehe wurde 1927 geschieden, vermutlich wegen Schaeffers politischer Radikalisierung (vgl. Coppi 2005: 376); er heiratete 1929 die Bildhauerin Ilse Liebig (1899–1972), die 1931 ebenfalls Mitglied der KPD wurde und sich im Widerstand gegen den NS-Staat engagierte. 1942 wurde sie wie ihr Mann verhaftet und 1943 zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt.
  • 3
    „Guter Abend bei Schaeffers“ notierte Anna Seghers am 25. März 1925 in ihr Tagebuch (Seghers 2003: 27).
  • 4
    Schaeffer lag sechs Monate im Gertraudenkrankenhaus, „kam am 1. Oktober nach Hause und wurde einen Tag später im Rahmen des Verfolgungskomplexes ‚Rote Kapelle‘ von der Gestapo erneut verhaftet“ (Coppi 2005: 384).

Quellen

Coppi, Hans (2005): Philipp Schaeffer – Orientalist, Bibliothekar, Widerstandskämpfer. In: IWK, Internationale wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung Jg. 41 (2005), H.3 (September), S. 366–386.
Kampen, Thomas (2011): Sinologie im 20. Jahrhundert: Heidelberg, Deutschland, International. Heidelberg: Mattes Verlag.
Peschke, Franz (2017): Der Heidelberger Indologe und Buddhologe Prof. Dr. Walleser und das Problem seines Ich. Eine Biographie. Heidelberg: Cross Asia-Repository (PDF).
Schaeffer, Philipp (1925): Einiges über die chinesische Schrift. In: Der Bücherkreis Heft 11, August 1925, S. 9–11.
Seghers, Anna (1975): Erinnerungen an Philipp Schaeffer. In: Neue Berliner Illustrierte Jg. 30 (1975), Nr. 45, S.11.
Seghers, Anna (2003): Und ich brauch doch so schrecklich Freude. Tagebuch 1924/1925. Hg. von Christiane Zehl Romero. Berlin: Aufbau-Verlag.
Weisenborn, Günther (Hg.) (1962): Der lautlose Aufstand. Bericht über die Widerstandsbewegung des deutschen Volkes 1933–1945. Hamburg: Rowohlt 1962. (rororo Bd. 507/508).

Zitierweise

Kelletat, Andreas F.: Philipp Schaeffer, 1894–1943. In: Germersheimer Übersetzerlexikon UeLEX (online), 31. August 2022.