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Burkhard Stephan, Jg. 1932

4. März 1932 Sebnitz (Deutsches Reich)
Original- und Ausgangssprache(n)
Russisch

Auch dank der übersetzerischen Tätigkeit des Biologen Burkhard Stephan konnten sich deutschsprachige und mit dem Russischen nicht vertraute Wissenschaftler durch gut vier Jahrzehnte kontinuierlich über Geschichte, Stand und Perspektiven der ornithologischen Forschung in der Sowjetunion auf dem Laufenden halten. Zudem durften durch die von ihm miterarbeiteten Übersetzungen für den Kinderbuchverlag Berlin auch junge und jüngste Leserinnen und Leser vieles über die Tierwelt und vor allem die Vogelwelt erfahren.

Schulzeit und Lehre

Burkhard Stephan wurde am 4. März 1932 im sächsischen Sebnitz geboren. Dort verbrachte er seine Kindheit und Jugend. Sein Vater, Martin Stephan (1897–1981), war Fabrikarbeiter, die Mutter, Dora Stephan (1896–1990), geborene Mascheck, kümmerte sich hauptsächlich um den Haushalt und die Kinder und verdiente zusätzlich noch etwas als Weißnäherin hinzu. In der Familie wurde handwerkliches Geschick besonders geschätzt und die Arbeit mit den Händen als sinnvolle Tätigkeit erachtet. Als Arbeiterkind war Burkhard Stephans beruflicher Werdegang zu jener Zeit praktisch vorbestimmt. Ein Studium und eine akademische Laufbahn waren illusorisch. Sie galten in den familiären und den herrschenden gesellschaftlichen Verhältnissen auch als undenkbar, obwohl sein Wunsch zu studieren bereits in der Schulzeit aufkeimte.

Nach seinem Schulabschluss (1946) entschied er sich zunächst für eine Berufsausbildung. Nach fast einjähriger Suche erhielt er in einem Privatbetrieb eine Lehrstelle als Industriekaufmann. Im Laufe der dreijährigen Ausbildung lernte er Russisch und nahm Privatstunden in Englisch, um seine Schulkenntnisse auszubauen. Noch als Lehrling fasste er den Entschluss, zu studieren, nachdem er von einem Mitglied der Gewerkschaftsleitung Informationen zum Studium an der Arbeiter-und-Bauern-Fakultät (ABF) erhalten hatte. Ein Besuch der ABF ermöglichte es denjenigen, die nach dem 8-Klassenabschluss einen Beruf erlernt hatten, ein Hochschulstudium aufzunehmen. Auf der Suche nach einem für ihn passenden Studienfach wandte sich Stephan an das zuständige Ministerium in Dresden. Wegen seines Interesses am Verhalten von Tieren wurde zu einem Biologiestudium geraten.

Im Frühling 1950 schloss er die Lehre ab und nahm im Herbst das Studium an der Arbeiter-und-Bauern-Fakultät in Dresden auf, wechselte 1951 nach Leipzig. An der ABF lernte er weiter Russisch und absolvierte zusätzlich einen Kurs zum Erwerb des Kleinen Latinums. 1953 bestand Stephan das Abitur und begann mit dem Biologie-Studium an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena.

Studium und akademische Laufbahn

Im zweiten Semester wurde er u.a. wegen seines sozialen Engagements und seiner fachlichen Leistungen für ein Auslandsstudium ausgewählt. Nach einem dreimonatigen Vorbereitungskurs in Weimar durfte er zum Studium nach Moskau gehen. 1954 bis 1959 war er dort als ordentlicher Student an der Biologisch-bodenkundlichen Fakultät mit Spezialisierung in Zoologie der Wirbeltiere der Lomonossow-Universität immatrikuliert. Über die Studienzeit in Moskau sagte er noch sechs Jahrzehnte später: „Ich habe mich einfach wohlgefühlt“ (Gespräch am 4. August 2021). Er sei froh gewesen, dass er studieren konnte und besonders darüber, dass er sogar die Möglichkeit erhielt, sein Studium in der Sowjetunion fortzusetzen.

Auch nach dem Studium besuchte Stephan mehrfach die Sowjetunion, u. a. zu wissenschaftlichen Tagungen1Über einige Tagungen und Konferenzen in der UdSSR berichtete Stephan in der Zeitschrift Der Falke: Jg. 10 (1963) H. 2, S. 57–59; Jg. 19 (1972) H. 12, S. 425–426; Jg. 21 (1974) H. 11, S. 365–368., auf denen er nicht nur als Referent auftrat, sondern manchmal auch als Dolmetscher. Diese Reisen und Aufenthalte ermöglichten es ihm, seine Sprachkenntnisse zu vertiefen.

Nach Erwerb des Moskauer Diploms als Biologe erhielt Stephan eine Stelle am Zoologischen Museum der Berliner Humboldt-Universität. Dort war er Assistent von Erwin Stresemann an der Ornithologischen Abteilung. Für die Anstellung wurde das Moskauer Diplom als gleichwertig anerkannt. Seine in Moskau auf Russisch verfasste Diplomarbeit erschien 1961 unter dem Titel Materialien zur Biologie einiger in Höhlen brütender Vogel-Arten im Oka-Naturschutzgebiet in der Wissenschaftlichen Zeitschrift der Humboldt-Universität. Diese Übersetzung gehört damit zu Stephans frühesten translatorischen Publikationen.

Nach der Promotion zum Dr. rer. nat. für das Fach Spezielle Zoologie wurde er 1964 zum Oberassistenten befördert und 1968 zum Kustos berufen. 1972 erwarb er den akademischen Grad des Dr. sc. nat. Von 1971–1977 und 1990–1994 war Stephan Leiter der Hauptabteilung Wirbeltiersammlungen. Dazwischen gab es die Stationen als stellvertretender Direktor des Zoologischen Museums (1972–1977) sowie als erster Stellvertreter des Direktors des Museums für Naturkunde (1978–1982). 1984 wurde Stephan zum außerordentlichen Dozenten und 1988 zum außerordentlichen Professor ernannt. Darüber hinaus beteiligte er sich an der Ausbildung von Präparatoren, Museumswissenschaftlern und Biologiestudenten sowie an der Weiterbildung von Biologielehrerinnen und -lehrern. Seine lange wissenschaftliche Laufbahn am Museum für Naturkunde beendete Stephan 1997 als Leiter der Ornithologischen Abteilung am Institut für Systematische Zoologie sowie als Kustos (1968–1997), blieb dem Museum aber auch nach seinem 65. Lebensjahr als ehrenamtlicher Mitarbeiter verbunden.

Ein weiterer wichtiger Teil seiner wissenschaftlichen Arbeit war die Mitwirkung an Zeitschriften: Er war Redakteur der Mitteilungen IG Avifauna DDR (1968–1973) und einzelner Hefte der Mitteilungen aus dem Zoologischen Museum Berlin (1977–1987; 1994; 1995–1997), zudem gehörte er von 1990 bis einschließlich 2015 zum Redaktionskollegium der Reihe Ethik und Sozialwissenschaften bzw. Erwägen Wissen Ethik. Diese Mitarbeit war auch Resultat seiner ihm sehr wichtigen Auseinandersetzung mit philosophischen und anthropologischen Fragen. Zu diesen Themen nahm Stephan an Veranstaltungen der Humboldt-Universität und der Akademie der Wissenschaften teil, organisierte selbst Diskussionsrunden, publizierte Beiträge und wirkte bei interdisziplinären Projekten mit. U.a erschien nach langer Vorarbeit 1991 das Werk Menschwerdung, an dem Stephan neben zahlreichen anderen Wissenschaftlern Anteil hatte.2Darüber hinaus war Stephan aktives Mitglied von Gesellschaften und Organisationen: u.a. der Biologischen Gesellschaft der DDR (1960–1991), der Interessengemeinschaft (IG) Avifauna DDR (1962–1973), deren Gründer und Leiter er war, sowie des Zentralen Fachausschusses für Ornithologie und Vogelschutz des Kulturbundes der DDR (1962–1990).

Seit 1991 wohnt Stephan in Blankenfelde (Brandenburg). Bis zur Vollendung seiner 50-jährigen Zugehörigkeit zum Museum für Naturkunde im Jahr 2009 ging er noch täglich ins Museum. Auch danach entstanden noch einige Publikationen.

Übersetzungen

Der Anfang seiner übersetzerischen Tätigkeit fällt mit dem Beginn seiner wissenschaftlichen Laufbahn zusammen. Bereits 1960 erschien in der von Kurt Gentz geleiteten Fachzeitschrift Der Falke seine erste Übersetzung. Zwei Jahre später wurde er in den Beirat der Zeitschrift berufen, dessen Mitglied er bis 1991 blieb. Stephan hat im Falken regelmäßig eigene Aufsätze veröffentlicht, für die Zeitschrift aber auch über 40 Beiträge übersetzt, einige gemeinsam mit seiner Ehefrau Ellen Stephan.

Ellen Stephan (1937–2006) war Russischlehrerin, musste aber Mitte der 60er Jahre wegen einer schweren Erkrankung den Beruf aufgeben. Sie begann stattdessen in Heimarbeit und zusammen mit ihrem Mann mit dem Übersetzen sowjetischer naturkundlicher Bücher für Kinder. 1969 bekam das Übersetzerpaar den ersten Auftrag vom Kinderbuchverlag Berlin. Sie sollten zwei Bände für die Sachbuchreihe Mein kleines Lexikon, Nachschlagewerke für acht- bis zehnjährige Kinder, aus dem Russischen ins Deutsche bringen. 1971 erschienen mit einer Startauflage von je 40.000 Exemplaren und im Umfang von ca. 80 bzw. 70 Seiten die beiden Bücher von Nikolai Ossipow: Biber, Schwan und Wasserfloh (5. Auflage 1987) sowie Birke, Reh und Schwalbenschwanz (6. Auflage 1985).

Außer für den Kinderbuchverlag arbeiteten die Stephans mit dem auf populärwissenschaftliche Publikationen ausgerichteten Urania-Verlag zusammen, in dem auch Der Falke erschien, und mit dem traditionsreichen Fachbuchverlag A. Ziemsen, der 1981 dem SED-eigenen Urania-Verlag angegliedert wurde, aber weiter ein eigenes Propgramm verlegte (vgl. Links 2016: 238–240). Die Kooperation mit den Verlagen sei problemlos und zuverlässig gewesen: „Änderungen […] wurden unkompliziert und einvernehmlich vorgenommen“ (Brief von Burkhard Stephan vom 4. Mai 2021). In diesen Verlagen erschienen auch Originalwerke von Stephan, von denen er einige, ähnlich wie bei den Übersetzungen, zusammen mit seiner Frau geschrieben hat. Ein Beispiel ist das 172 Seiten starke Kindersachbuch Wir bestimmen Tiere, das zwischen 1972 und 1985 vom Kinderbuchverlag fünf Mal verlegt wurde und zeitweise zu den meist gekauften populärwissenschaftlichen Kinderbüchern gehört haben soll (vgl. Am meisten gekauft 1978:14).

Burkhard Stephans Fachkenntnisse im Bereich Biologie beeinflussten sein translatorisches Gesamtwerk in vielerlei Hinsicht; so hatten sie Einfluss auf die Verteilung der Aufgaben zwischen Ellen Stephan und ihm, wobei es „jeweils Soloarbeit“ gewesen sei (Brief von Burkhard Stephan vom 28. März 2021). Die inhaltlichen Korrekturen wurden zumeist von ihm übernommen, da hierfür biologisches Fachwissen erforderlich war, Ellen Stephan hingegen konnte ihr „pädagogisches Wissen einbringen“ (ebd.).

Das Übersetzen, das der Wissenschaftler im Gespräch als sein „Zubrot“ oder als „zweite Schicht“ bezeichnete, wurde mit der Zeit zu einem wesentlichen Teil seines Lebens. Anfang der 1980er Jahre vereinbarten auf seine Anregung hin der A. Ziemsen Verlag in Wittenberg und der Verlag Nauka Moskau ein groß angelegtes wissenschaftlich-translatorisches Editionsprojekt. Geplant war, das zwischen 1951 und 1954 veröffentlichte sechsbändige von G. Dementiew und N. Gladkow herausgegebene russische Werk Die Vögel der Sowjetunion durch ein zehnbändiges Handbuch der Vögel der Sowjetunion zu ersetzen, das möglichst zeitgleich auch auf Deutsch erscheinen sollte. Der erste Band dieses „Jahrhundertwerks der sowjetischen Ornithologie“ (Schneider 1986: 10) erschien 1985, drei Jahre nach der russischen Ausgabe bei A. Ziemsen (Wittenberg) und in westdeutscher Lizenz auch im Aula-Verlag (Wiesbaden).

Um eine zeitnahe Veröffentlichung der deutschen Bände zu erreichen, bekam das Übersetzerkollektiv unter Leitung von Burkhard Stephan (und Mitarbeit von Ellen Stephan sowie dem Biologen Dr. Dieter Wallschläger) das russische Typoskript bereits vor Erscheinen des entsprechenden Moskauer Bandes (vgl. Perspektivplan 1984: 8). Mit Einverständnis der russischen Herausgeber wurden in den deutschen Versionen auch Ergänzungen und sonstige Verbesserungen vorgenommen (vgl. Il’ičev 1985: Vorwort). In einer Vorstellung des ersten Bandes war die Rede von einem „erfahrenen Übersetzerkollektiv“ mit „ausgezeichnete[n] Russischkenntnissen“, wodurch eine qualitativ hochwertige „detailgetreue Übertragung ins Deutsche“ (Sacher 1985: 24) garantiert sein sollte. Im Vorwort zum vierten Band des Handbuchs der Vögel der Sowjetunion ist von einer „überwiegend positive[n] Aufnahme“ (Il’ičev 1989: Vorwort) der Übersetzung die Rede. Zur praktischen Arbeit an der Übersetzung hat sich Burkhard Stephan 1985 in einem Falke-Interview geäußert:

Wir arbeiten so, daß jeder die Übersetzung der anderen durchsieht, mit dem Original vergleicht und somit am gesamten Text beteiligt ist. […] Ich habe mit allen Autoren Kontakt aufgenommen zur Verständigung über Fragen, die während der Übersetzung auftraten sowie zwecks inhaltlicher Aktualisierung, die eventuell notwendig wäre. (Schneider 1985: 421)

Die Arbeit an diesem ursprünglich auf zehn bis fünfzehn Jahre angelegten Projekt wurde nach vier Bänden gestoppt. 1990 hieß es im Programm des Ziemsen Verlags, dass der AULA-Verlag, der die Bände zusammen mit dem A. Ziemsen Verlag publizierte, den Bezug um 50% gekürzt habe und dass eine Zusammenarbeit mit AULA über den Band 6/1 hinaus noch nicht gesichert sei (vgl. Teilarchiv des Ziemsen Verlags, Programm 1990). Obwohl die Bände 7/1 und 7/2 1992 bereits im Original vorlagen und die notwendige Aufstockung der 10-bändigen Edition auf nunmehr 12 Bände seitens des Lektorats im Ziemsen Verlags (Dr. Sacher) in Aussicht gestellt worden war, musste der Verlag angesichts der „tiefgreifenden Veränderungen in der GUS“ (Sacher 1992: 7) mit zunehmenden Schwierigkeiten bei der Herausgabe weiterer Bände in deutscher Übersetzung rechnen. Dann jedoch büßte auch der Ziemsen-Verlag selbst kurz vor seinem 90. Jubiläum im Zuge des Agierens der Treuhandanstalt seine Existenz ein (vgl. Links 2016: 240). Der zweite Teil von Band 6 konnte 1994 noch im Wissenschaftsverlag Westarp erscheinen, der „für wenig Geld“ Titel aus dem Ziemsen-Programm übernommen hatte (ebd.).

Das Scheitern des Langzeitprojekts empfindet Stephan noch nach dreißig Jahren als „sehr ärgerlich und enttäuschend“, denn vielen Wissenschaftlern hätte die Gesamtedition als wertvolles Nachschlagewerk dienen können (Brief von Burkhard Stephan vom 25. Juli 2021). Ein zweites kleineres Projekt der Wissensvermittlung scheiterte ebenfalls: Stephan hatte den Ziemsen-Verlag dafür gewonnen, das von sowjetischen Ornithologen erstellte, 1968 erschienene vogelkundliche Bestimmungsbuch Pticy SSSR auf Deutsch zu veröffentlichen. Doch der sowjetische Verlag Mysl verhielt sich so unkooperativ, dass die bereits begonnene Übersetzungsarbeit keine Verwendung fand.

Burkhard Stephans translatorisches Oeuvre wurde bisher nicht näher untersucht. Es gibt keine Analyse seiner übersetzerischen Strategien; die Rezensionen zu seinen Übersetzungen beschränken sich in der Regel auf den Inhalt des jeweiligen Buches sowie dessen Relevanz für die Leserschaft in der DDR. Vereinzelte und sehr allgemeine Aussagen zu seinem translatorischen Handeln finden sich in Verlags- und Außengutachten, die für das Druckgenehmigungsverfahren einzureichen waren. So wurde z. B. für Biber, Schwan und Wasserfloh von N. Ossipow sowie Birke, Reh und Schwalbenschwanz von J. Dmitrijew, die in einer altersgerecht angepassten Version übersetzt werden sollten, vom Kinderbuchverlag zunächst eine Rohübersetzung in Auftrag gegeben. Diese sollte von Ellen Stephan angefertigt werden, die weitere Bearbeitung entfiel auf Burkhard Stephan. Im Verlagsgutachten heißt es:

Wir übergaben die von Frau Ellen Stephan angefertigte Rohübersetzung Herrn Dr. Burkhard Stephan, [um die]  Neufassung der Texte zu besorgen. Herr Dr. Stephan bemühte sich, zu Beginn unter großen Schwierigkeiten, nach einem Gespräch und Zusammenarbeit mit dem Lektorat erfolgreich, eine dem Lesealter entsprechende, sprachlich klare, verständliche und wissenschaftlich einwandfreie Arbeit zu liefern. (BArch: Druck-Nr. 270/74/71)

Die bearbeiteten Übersetzungen wurden mit der allgemeinen Formulierung „entspricht unseren Vorstellungen“ (BArch: Druck-Nr. 270/74/71) charakterisiert. Auch an diesem Beispiel zeigt sich, wie die Arbeit zwischen den Stephans aufgeteilt war. In den Gutachten wird außerdem auf die Begleittexte eingegangen: Das von Stephan verfasste Nachwort, mit dem die beiden Kinderbücher Kleines Ameisenbuch und Kleines Bienenbuch des Entomologen J. Chalifman versehen wurden, erklärt jungen Lesern u.a. Begriffe wie „Staat“ und „Gemeinschaft“ und geht ausführlich darauf ein, wieso „eine Insektengemeinschaft nichts mit einem Staat der Menschen gemeinsam hat“ (Stephan in Chalifman: 1972: 86-87):

Wir wissen heute, daß die Menschen sehr gut ohne König oder Kaiser und ohne Kapitalisten auskommen und sogar viel besser und zum ersten Male wirklich in Frieden miteinander leben können. (ebd.)3 Mit Stephans auf Vorschlag des Außengutachters erstelltem Nachwort war der Verlagsgutachter vollauf zufrieden (vgl. BArch: Druck-Nr. 270/88/72; Druck-Nr. 270/89/72).

Seine Herangehensweise an das Übersetzen hat Stephan in einem Brief 2021 so beschrieben:

Ich muss mich bei solchen Arbeiten stark konzentrieren, brauche Ruhe, muss allein sein, […]. Ich reagiere auf kleinste Bewegungen und auf geringste Geräusche. Das hängt mit meinen Beobachtungen in der Natur zusammen. Da ist eine solche Aufmerksamkeit Voraussetzung. (Brief von Burkhard Stephan vom 28. März 2021)

Auch habe er bei den zu übersetzenden Texten „mehr auf den Inhalt“ geachtet, also darauf, diese  „fachgerecht“ ins Deutsche zu übertragen (Brief von Burkhard Stephan vom 4. Mai 2021). Trotz seiner langjährigen Tätigkeit als Übersetzer sieht Stephan sich nicht als „Sprachmenschen“: „Es muss über die Sprache gehen – bei mir nicht. […] Ich muss mich hineindenken können. Ich muss den Zusammenhang erfassen“ (Gespräch mit Burkhard Stephan am 4. August 2021).

Summa

Burkhard Stephan hat als deutscher Ornithologe, Redakteur, Autor von mehr als 240 Publikationen das Wissen über Avifaunistik, funktionelle Morphologie und Urvogelforschung deutlich vermehrt. Er tat dies nicht nur für die akademische Welt, sondern auch für die Welt der Kinder – durch altersgerechte populärwissenschaftliche Kinderbücher. Als Übersetzer hat er Fach- und Sachtexte aus dem Russischen ins Deutsche gebracht. Im Laufe seiner langjährigen Tätigkeit als Wissenschaftler und Übersetzer ermöglichte er seiner deutschen Leserschaft Zugang zu Werken der bekanntesten sowjetischen Ornithologen und Zoologen wie G. P. Dementiev, S. M. Uspenski, I. A. Neufeldt, W. D. Iljitschew, A. N. Poslawski, E. N. Panow. Das Übersetzen verstand er stets als wichtige Möglichkeit des Wissenstransfers.4Für seine Verdienste um die Intensivierung der avifaunistischen Forschung hat Professor Stephan die Medaille für heimatkundliche Leistungen in Gold erhalten (vgl.: Ehrungen. In: Der Falke, Jg. 17 (1970) H. 12, S. 427). Darüber hinaus wurde er 1969 mit der Ehrennadel für heimatkundliche Leistungen der Zentralen Kommission Natur und Heimat des Kulturbundes in Gold sowie der Johannes-R. Becher-Medaille des Deutschen Kulturbundes in Bronze ausgezeichnet.

Anmerkungen

  • 1
    Über einige Tagungen und Konferenzen in der UdSSR berichtete Stephan in der Zeitschrift Der Falke: Jg. 10 (1963) H. 2, S. 57–59; Jg. 19 (1972) H. 12, S. 425–426; Jg. 21 (1974) H. 11, S. 365–368.
  • 2
    Darüber hinaus war Stephan aktives Mitglied von Gesellschaften und Organisationen: u.a. der Biologischen Gesellschaft der DDR (1960–1991), der Interessengemeinschaft (IG) Avifauna DDR (1962–1973), deren Gründer und Leiter er war, sowie des Zentralen Fachausschusses für Ornithologie und Vogelschutz des Kulturbundes der DDR (1962–1990).
  • 3
    Mit Stephans auf Vorschlag des Außengutachters erstelltem Nachwort war der Verlagsgutachter vollauf zufrieden (vgl. BArch: Druck-Nr. 270/88/72; Druck-Nr. 270/89/72).
  • 4
    Für seine Verdienste um die Intensivierung der avifaunistischen Forschung hat Professor Stephan die Medaille für heimatkundliche Leistungen in Gold erhalten (vgl.: Ehrungen. In: Der Falke, Jg. 17 (1970) H. 12, S. 427). Darüber hinaus wurde er 1969 mit der Ehrennadel für heimatkundliche Leistungen der Zentralen Kommission Natur und Heimat des Kulturbundes in Gold sowie der Johannes-R. Becher-Medaille des Deutschen Kulturbundes in Bronze ausgezeichnet.

Quellen

Am meisten gekauft (1978). In: Neues Deutschland, 1./2. April 1978, S. 14.
Chalifman, Jossif (1972): Kleines Ameisenbuch. [Auszug]. Aus dem Russischen übersetzt von Ellen Stephan. Nachwort von Dr. Burkhard Stephan. Berlin (DDR): Der Kinderbuchverlag 1972.
Il’ičev V. / Flint V. [u.a.] (Hg.) (1985): Handbuch der Vögel der Sowjetunion. Bd. 1. Aus dem Russischen übersetzt und ergänzt von Dr. sc. Burkhard Stephan, Ellen Stephan und Dr. Dieter Wallschläger. Lutherstadt Wittenberg: A. Ziemsen Verlag.
Il’ičev V. / Flint V. [u.a.] (Hg.) (1989): Handbuch der Vögel der Sowjetunion. Bd. 4. Aus dem Russischen übersetzt und ergänzt von Dr. sc. Burkhard Stephan, Ellen Stephan und Doz. Dr. sc. Dieter Wallschläger. Lutherstadt Wittenberg: A. Ziemsen Verlag.
Links, Christoph (2016): Das Schicksal der DDR-Verlage: Die Privatisierung und ihre Konsequenzen. Berlin: edition berolina.
Prof. Dr. Burkhard Stephan – zum 65. Geburtstag. In: Annalen für Ornithologie. Berlin: Akademie Verlag 21 (1997).
Sacher, Peter (1985): Handbuch der Vögel der Sowjetunion. In: Buch der Zeit (Leipzig), Nr. 2 1985.
Schneider, Bernhard (1985): „Handbuch der Vögel der Sowjetunion“ bald in deutscher Sprache. In: Der Falke, Jg. 32 (1985) H.12, S. 420f.
Schneider, Bernhard (1986): Von Röhrennasen und Lappentauchern. In: Berliner Zeitung, 17 Mai 1986, S. 10.

Sonstige Quellen

Briefwechsel mit Prof Dr. Burkhard Stephan: 15. März – 13. September 2021.
Gespräche mit Prof. Dr. Burkhard Stephan: Berlin, 4. August 2021.

Archiv

Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde, Bestände DDR-Kulturministerium und Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel (BArch): Druckgenehmigungsakten Der Kinderbuchverlag Berlin.
Deutsche Nationalbibliothek, Leipzig: Teilarchiv des A. Ziemsen Verlags (Signatur 1992/Arch. 15: Verträge - Die Neue Brehm-Bücherei, Perspektivplan 1986–1990 25.01.1984; Programm, 20.02.1990; Sacher, Peter: Ziemsen Verlag – Stand und Perspektiv. 19.01.1992).

Zitierweise

Kavaleuskaya, Maryia: Burkhard Stephan, Jg. 1932. In: Germersheimer Übersetzerlexikon UeLEX (online), 6. Mai 2024.
BeschreibungBurkhard Stephan, September 1996 (Quelle: Privatarchiv Burkhard Stephan; ©: Burkhard Stephan).
Datum24. März 2023
Burkhard Stephan, September 1996 (Quelle: Privatarchiv Burkhard Stephan; ©: Burkhard Stephan).