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Ewald Czapski, 1892–1976

10. November 1892 Jena (Deutsches Reich) - 4. Dezember 1976 Erfurt (DDR)
Original- und Ausgangssprache(n)
Französisch
Schlagworte
Übersetzerisches ProfilAuch-Übersetzer, DDR-Übersetzer, Nebenberuflicher Übersetzer Übersetzte GattungenErzählungen, Legenden, Romane, Science-Fiction Sonstige SchlagworteInnere Emigration (NS-Zeit)

Das übersetzerische Wirken Czapskis lässt erkennen, dass das Übersetzen als produktive Nebenbeschäftigung oft mit unterschiedlichsten beruflichen Aufgaben verbunden wird, in seinem Fall mit denen eines Arztes.

Ewald Czapski, geboren am 10. November 1892 in Jena, stammte aus der Ehe des Physikers Siegfried Czapski (ab 1891 einer der drei Geschäftsführer der Firma Carl Zeiss) und der Französin Luise Marguerite Claire Jeanne Czapski, geb. Koch. Ewald Czapski hatte sieben Geschwister, darunter die Anfang der 1920er Jahre nach Litauen ausgewanderte Malerin Helene Holzman.

Czapski studierte Medizin in Jena, Leipzig und München, 1920 wurde er in Jena mit einer pädiatrischen Arbeit zum Dr. med. promoviert. Noch während des Studiums musste er im Ersten Weltkrieg als Feldhilfsarzt tätig werden, er erhielt das Eiserne Kreuz 1. Klasse.

1926 eröffnete er eine gut gehende Praxis als Kinderarzt im Ilmenau. Den Nationalsozialisten galt er wegen der Herkunft seines Vaters als „Mischling 1. Grades“ bzw. „Halbjude“, jedoch konnte er weiter praktizieren. Insgeheim soll er sich an der Verbreitung kommunistischer Flugschriften beteiligt haben vgl. Frankenberger o.J.: 36). An der antifaschistischen Haltung der ganzen Familie Czapski besteht kein Zweifel.1Vgl. die Hinweise in Helene Holzmans 1944/45 geschriebenem Bericht Dies Kind soll leben. Im Zweiten Weltkrieg wurde er „notdienstverpflichtet“ (ebd.: 37). In der DDR wurde er als Opfer des Faschismus offiziell anerkannt.

Nach Kriegsende war er für kürzere Zeit erneut als Kinderarzt in Ilmenau tätig, wo er die „Gesellschaft zum Studium der Sowjetunion“ mitbegründete. Er wurde dann von der Thüringischen Landesregierung nach Weimar geholt, um beim Aufbau des neuen Gesundheitswesens mitzuwirken. Nach Arbeiten als Arzt in Bad Berka eröffnete er in Weimar wieder eine Praxis.

Neben seiner Tätigkeit als Mediziner hat Czapski ab 1957 laut Eintrag im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek (Leipzig und Frankfurt/M.) mindestens sechs aus dem Französischen übersetzte Bücher in renommierten Verlagen (z.B. Aufbau, Volk und Welt, Suhrkamp) veröffentlichen können. Es handelt sich u.a. um den Roman Thérèse Raquin (1867) von Emile Zola, um Erzählungen und Legenden des haitianischen Dichters und radikalsozialistisch/kommunistischen Aktivisten Jacques Stéphen Alexis (1922–1961) sowie den klassischen Science-Fiction-Roman Les Animaux dénaturés (1952; dt. Das Geheimnis der Tropis) von Vercors, dem Resistance-Kämpfer und zeitweiligen Sympathisanten der KPF. Die häufig vermutlich weniger nach ästhetischen denn politischen Aspekten getroffene Auswahl der von ihm übersetzten Bücher zeigt sich auch an einem Titel wie Le Cheval roux ou les intentions humaines (1953; dt. Das rote Pferd oder: Wohin steuert die Menschheit?), geschrieben von der russisch-französischen Autorin Elsa Triolet, der Ehefrau von Louis Aragon und Schwester von Lilja Brik.

Zu klären wäre durch genauere Recherchen u.a. die Frage, ob Czapski die für Aufbau oder Volk und Welt zu übersetzenden Bücher jeweils selbst vorgerschlagen hat oder ob es sich eher um von den Verlagen erbetene Auftragsarbeiten gehandelt hat.

Ewald Czapski starb am 4. Dezember 1976 in Erfurt, nach anderer Quelle in Weimar. Bestattet wurde er in seiner Vaterstadt Jena.

Anmerkungen

  • 1
    Vgl. die Hinweise in Helene Holzmans 1944/45 geschriebenem Bericht Dies Kind soll leben.

Quellen

Frankenberger, Bernd (o.J.): Mit Leidenschaft und Humor. Der Arzt Dr. Ewald Czapski. In: Jüdische Nachbarn in Ilmenau. Hg. von Rainer Borsdorf, Bernd Frankenberger und Christoph Macholdt. Ilmenau: Verlag Kern, S. 34–37.
Holzman, Helene (2000): „Dies Kind soll leben“. Die Aufzeichnungen der Helene Holzman 1941–1944. Hg. von Reinhard Kaiser und Margarete Holzman. Frankfurt a.M.: Schöffling & Co.

Zitierweise

Kelletat, Andreas F.: Ewald Czapski, 1892–1976. In: Germersheimer Übersetzerlexikon UeLEX (online), 21. Juli 2023.
CaptionDr. Ewald Czapski (Sammlung Meike Werner, USA)
Publication Date20. November 2023
Dr. Ewald Czapski (Sammlung Meike Werner, USA)