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Gustav Schmidt, 1877–1945

2. Mai 1877 Mainz (Deutsches Reich) - 13. März 1945 Helsinki (Finnland)
Original- und Ausgangssprache(n)
Finnisch
Schlagworte
Übersetzte GattungenDissertationen, Dramen, Erzählungen, Fachtexte, Romane, Sachtexte Übersetzerisches ProfilPhilologe als Übersetzer

Gustav Schmidt konnte Anfang der 20er Jahre des 20. Jahr­hunderts als erster in bedeutendem Umfang Übersetzungen finnisch­spra­chiger Literatur veröffentlichen, da­runter den als überragenden Klassiker geltenden Roman Die sieben Brüder von Alexis Kivi.

Gustav Friedrich Schmidt, geboren am 2. Mai 1877 in Mainz, stammt aus einer Musikerfamilie. Seine Schulzeit verbrachte er in Kassel, das Abitur machte er am Kgl. Wilhelmsgymnasium. Ab 1895 studierte er Vergleichende Sprachwissenschaft in Marburg, Kopenhagen und Leipzig, wo er 1899 mit einer lautgeschichtlichen Arbeit zum Mittelenglischen promoviert wurde. 1896/97 unterbrach er sein Studium und reiste nach Dänemark, Schweden und Finnland. In Kopenhagen lernte er den finnischen Dichter und Übersetzer Otto Manninen (1872-1950) kennen, der die nationalromantische Begeisterung für den lange verkannten, nach 1900 zu „Finnlands Nationaldichter“ kanonisierten Alexis Kivi (1834-1872) auf den deutschen Sprachwissenschaftler übertragen konnte. Auch unterstützte Manninen Schmidt bei dessen Arbeit an einer deutschen Fassung des Sieben Brüder-Romans – durch Worterklärungen und Übersetzung einiger in den Roman eingelagerter Gedichte.

Das 5. Romankapitel (von insgesamt 14) erschien in Schmidts Übersetzung 1901 zusammen mit einem Kivi-Essay Manninens in der von Ernst Brausewetter herausgegebenen Finnländischen Rundschau. „So bleibt uns denn noch die Hoffnung auszusprechen,“ schreibt Manninen am Schluss seines Essays, „daß die Verdeutschung bald in ihrem ganzen Umfang erscheinen möchte,“ Schmidt habe die Übersetzung bereits „zu Ende geführt“. Aber es sollte noch 20 Jahre dauern, bis sie – in gründlich revidierter Fassung – tatsächlich veröffentlicht wurde, im Dresdner Verlag von Heinrich Minden.

Die Publikationsjahre der Kivi-Übersetzungen, 1901 bzw. 1921, werfen Fragen nach ihrem (kultur)politischen Kontext auf. Um die Jahrhundertwende war es die Russifizierungspolitik unter Nikolaus II., die in der deutschen Öffentlichkeit zu einem gesteigerten Interesse an dem seit 1809 zum Herrschaftsbereich des Zaren gehörenden Großfürstentum Finnland führte. Denn, so hieß es 1901 im ersten Heft der (auf finnische Initiative gegründeten und aus Finnland finanzierten) Finnländischen Rundschau, es gehe um die Verteidigung Finnlands als „äußerste[m] Vorposten westeuropäischer Kultur überhaupt“. Radikalisiert wurde diese Ausrichtung auf das russisch-finnisch-deutsche Machtgeflecht durch den finnischen Bürgerkrieg, in den deutsche Truppen im Frühjahr 1918 auf der Seite von General Mannerheims Weißen Garden intervenierten. In der Helsinkier Soldatenzeitung Suomi-Finnland dankten (bürgerliche) finnische Schriftsteller und Professoren den deutschen „Waffenbrüdern“ und erklärten ihnen, wogegen sie im „Befreiungskrieg“ in Wahrheit gekämpft hätten, nämlich gegen das „ewige Moskowitertum“. Es ist diese – das finnische intellektuelle Klima bis in die 40er Jahre dominierende – antirussische Deutschfreundlichkeit, diese „Bindung des nationalfinnischen Aktivismus an Deutschland“ (Hein 1984: 73), die als Grundbedingung der finnisch-deutschen Literaturbeziehungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mitzubedenken ist. Das gilt auch für Schmidts translatorisches Handeln von der Jahrhundertwende bis in die 40er Jahre. Seine letzte literarische Übersetzung erscheint 1943 im Kontext erneuerter deutsch-finnischer „Waffenbrüderschaft“ als „Ausgabe für die deutschen Soldaten in Finnland“: Samuli Paulaharjus Nachtschatten der Tunturis. Sagen aus Lappland.

Im Hauptberuf arbeitete Schmidt – mit Ausnahme der Kriegsjahre nach 1914 – von 1902 zu seinem Tod 1945 als Lektor für deutsche Sprache an der Universität Helsinki. Dort vertrat er auch 1923/24 und 1936 die Professur für Germanische Philologie, der Professorentitel (h.c.) wurde ihm bereits 1922 verliehen. Seine eigenen Forschungen richteten sich auf die Allgemeine Sprachwissenschaft. Mit 32 Sprachen soll er sich gründlicher befasst haben, heißt es in der 1979 von seiner Tochter Synnöve Hatidscha Franziska geschriebenen (unveröffentlichten) Familienchronik. Schmidts Interesse galt primär den kaukasischen Sprachen, er publizierte Beiträge über das Ossetische, Inguschische, Batsische, Ubychische, Tschetschenische, Karatschajische und Abchasische. Seine Tochter berichtet, dass ihr Vater während des zweiten Weltkriegs zu sowjetischen Gefangenen aus dem Kaukasus Kontakt aufnehmen konnte, um von ihnen sprachwissenschaftlich relevante Daten zu gewinnen.

Neben seiner kaukasologischen und allgemeinsprachwissenschaftlichen Forschung sowie seiner Brotarbeit als Deutsch-Lektor am Germanistischen Institut (vgl. sein 1919 in Helsinki erschienenes Lehrwerk Deutsche Texte wissenschaftlichen Inhalts) war Schmidt als Übersetzer tätig. Er hat, wohl auch als lukrativen Nebenverdienst, wissenschaftliche Monographien aus den Bereichen Volkskunde, Sprachwissenschaft und sogar Medizin ins Deutsche gebracht. Im Universitätsbetrieb war er (nicht nur durch seine Dienstleistungen als Übersetzer wissenschaftlicher Texte) gut vernetzt. Die daraus resultierenden Loyalitäten könnten mit zu der unguten Rolle beigetragen haben, die er 1937 als erkennbar antisemitisch argumentierender Sprach-Gutachter bei der Ablehnung von Israel-Jacob Schurs Helsinkier Dissertation über Wesen und Motive der Beschneidung im Licht der alttestamentlichen Quellen und der Völkerkunde gespielt haben soll (vgl. Aho u.a. 2008, Manninen 2009).

Als Literaturübersetzer ist Schmidt nur in relativ kurzen Zeitabschnitten hervorgetreten: 1901 mit der Veröffentlichung eines Kapitels aus dem Sieben Brüder-Roman, 1943 mit Paulaharjus Lappland-Buch und zwischen 1919 und 1923 mit acht (!) Titeln finnischer Höhenkamm-Literatur. Für diese Anfang der 20er Jahre erbrachte stupende Leistung steht ihm ein Platz in der Geschichte der Übersetzungsliteratur zu.

Auslöser des Finnland-Booms auf dem deutschen Buchmarkt war ein bereits im ersten Jahr der staatlichen Unabhängigkeit gefasster Beschluss des Parlaments in Helsinki, den Export finnischer Belletristik zu fördern. Ein Resultat dieser Initiative war, dass im Dresdner Heinrich Minden-Verlag Anfang der 20er Jahre in rascher Folge neun Bücher finnischer Autoren veröffentlicht wurden, die meisten davon in Gustav Schmidts Übersetzung. Bereits 1919 war in einem finnischen Verlag die in Zusammenarbeit mit Hella Wuolijoki entstandene Übersetzung eines auf Kivis Roman fußenden Opernlibrettos erschienen: Die sieben vom Jochenhof.

„Der Verlag von Heinrich Minden in Dresden hat uns eine kleine Bibliothek finnischer Dichtung in deutscher Sprache aufgebaut,“ schreibt Oskar Loerke 1923 im Berliner Börsen-Courier, „das ist eine so große Gabe, daß wir dafür nur danken können, indem wir sie wirklich hinnehmen.“ Loerke allerdings blieb unter den „Kritikern von Rang der einzige, der die gebotene Chance einer Begegnung mit der so gut wie unbekannten finnischen Literatur zu nutzen wusste“ (Hein 1984: 77f.). Dass mit der Ausrichtung seines Verlags auf finnische Titel bei Kritik wie Publikum kein wirklicher Erfolg zu erzielen war, beklagt Heinrich Minden 1927 in einem Brief an Johannes Öhquist, den Pressattaché der finnischen Gesandtschaft in Berlin: „Ich habe doch wohl jahrelang zu viel auf die Karte ‚Finnland’ gesetzt, und nun zeigt sich die Folge. Von allem Idealismus abgesehen, glaubte ich auch rein wirtschaftlich, daß heute in der Spezialisierung das Heil liege. Inzwischen habe ich notgedrungen wieder damit begonnen, mich zu ‚verzetteln’“ (zit. n. Kujamäki 1998: 113). 1929 heißt es analog in Gustav Manz’ Aufsatz Die sieben Brüder – Ein Beitrag Finnlands zur Weltliteratur: „Ist es nicht eigentlich betrübend für den Beobachter unseres heutigen geistigen Lebens, betrübend für den mutigen Verleger selbst, wenn es […] nicht weniger als acht Jahre dauern mußte, bis diese Sieben Brüder nun in einer neuen Ausgabe herauskommen, die sich aber erst bescheiden vom 4. bis zum 7. Tausend erstreckt?“ (zit. n. Hein 1984: 105).

Wie der Kontakt zwischen Schmidt und dem deutschen Verleger zustande gekommen ist und wie die Konditionen (Honorare, Druckkostenzuschuss, Neubearbeitung der Übersetzung für die Ausgabe von 1929 usw.) im Detail aussahen, lässt sich nicht mehr eruieren. Die Korrespondenz zwischen Öhquist und Minden zeigt immerhin, dass Schmidt für die Auswahl der Titel verantwortlich war und dass er die Veröffentlichung einzelner Werke durchgesetzt hat, die der Verlag aus literarischen und/oder ökonomischen Gründen lieber nicht in sein Programm aufgenommen hätte: Jotunis Alltagsleben sowie die von Otto Manninen zusammengestellte und übersetzte Lyrik-Anthologie Suomis Sang (1921) (Kujamäki 1998: 114).

Umfangreichere Selbstzeugnisse zu seiner Arbeit als Übersetzer gibt es von Schmidt nicht. Lediglich in der Kivis Leben und Werk knapp charakterisierenden Einleitung zu seiner Sieben Brüder-Übersetzung von 1921 (sie fehlt in der 1929 erschienenen Neuauflage) weist er explizit auf die von ihm zu meisternden Hürden hin:

Ohne Mundart zu sein, verfügt [Kivis] Ausdruck über die unmittelbare Frische eines Volksdialektes, der romantische Schönfärberei, Abgedroschenheit und Weichlichkeit streng meidet; dazu spiegeln sich in ihm andere, auch literarische Einflüsse. Aus der Volkssprache stammen insonderheit die zahlreichen Anspielungen auf Vorfälle und Originale der Heimat, knappgefaßte Bonmots und stabreimartige geflügelte Worte, die zu ihrem Verständnis freilich auch im Finnischen oftmals eines Kommentars bedürfen, obwohl sie infolge ihres Klanges und gewisser Assoziationen teilweise unmittelbar genießbar sein mögen. Auf die genaue Wiedergabe solcher Stellen ist in der vorliegenden Uebertragung verzichtet worden, andererseits hat sie es sich angelegen sein lassen, von dem eigenartigen Stil Kivis so viel ahnen zu lassen, wie es bei der Verschiedenheit der Sprachen und der durch die Zeit bedingten Wandlungen der Geschmacksrichtungen möglich erschienen ist.

Zu Schmidts übersetzerischem Œuvre liegt bisher keine Gesamtdarstellung vor. Das gewichtigste Lob hat ihm Erich Kunze 1950 in der Einführung zur Bibliographie Die deutschen Übersetzungen finnischer Schönliteratur ausgesprochen:

An Originaltreue gibt es […] keine Übersetzungen finnischsprachiger Dichtung, die sich mit den seinen vergleichen lassen. Was das eine Haupterfordernis übersetzerischer Arbeit ist, das Literaturwerk in einer anderen als der Originalsprache ohne wesentliche und willkürliche Veränderung seiner stofflichen Substanz, seines geistigen Gehalts und seiner inneren Form zu reproduzieren, das vermochte Schmidt für die finnischsprachigen Originale in einem vorher unerreicht gebliebenen Masse zu erfüllen. (Kunze 1950: 43)

Schmidts Sieben Brüder-Versionen wurden in einzelnen Passagen einer literatur- und kulturwissenschaftlichen Monographie (Hein 1984) sowie in einer deskriptiv-übersetzungswissenschaftlichen Dissertation (Kujamäki 1998) behandelt. Kujamäki konzentriert sich auf Schmidts Umgang mit den bei Kivi reichlich vorkommenden Realienbezeichnungen, den er als „Indikator für die allgemeine Übersetzungs­methode“ nimmt (293). Charakteristisch sei für Schmidt „die Suche […] nach dem Gleichgewicht zwischen der treuen Wiedergabe des ausgangsseitigen Details und der Vermeidung des unnötig befremdenden Ausdrucks“ (130). Gründlich untersucht werden in der am Göttinger Sonderforschungsbereich Literarische Übersetzung mitbetreuten Doktorarbeit auch jene 59 der insgesamt 75 Fußnoten der Sieben Brüder-Ausgabe von 1921, in denen es ebenfalls um die Erläuterung von Realienbezeichnungen geht.

Wie Schmidt für Kivis „eigenartigen Stil“ einen deutschen Ton zu finden versucht hat,1Während seines finnischen Exils hat Bertolt Brecht die Sieben Brüder-Übersetzung von Gustav Schmidt gelesen. In seinem Journal notierte er am 1. Oktober 1940: „Ich las in Diderots Jakob der Fatalist, als mir eine neue Möglichkeit aufging, den alten Ziffel-Plan zu verwirklichen. Die Art, Zwiegespräche einzuflechten, hatte mir schon bei Kivi gefallen. Dazu habe ich vom Puntila noch den Ton im Ohr. Ich schrieb probeweise zwei kleine Kapitel und nannte das Ganze Flüchtlingsgespräche“ (Brecht 1994: 430). an welchen Texten der zeitgenössischen deutschen Literatur er sich orientiert haben mag, ist trotz gelegentlicher Hinweise auf Analogien zur deutschen Heimatkunst (Hein 75, Kujamäki 121, Kelletat 1980: 439f.) unerforscht, einzubeziehen wären hierfür auch seine 1901 und 1904 veröffentlichten Aufsätze zur deutschen Gegenwartsliteratur, u. a. zu Gustav Frenssen und zur Heimatkunst. Erweitert werden könnte eine solche Studie ferner um einen Vergleich z. B. der Schlusspassage des Kivi-Romans in Schmidts und in späteren Übersetzungen, darunter die Manfred Peter Heins in seinem Kommentierten Romanaufriß von 1984. Die Gegenüberstellung der Übersetzer-Stimmen aus den Jahren 1921, 1935, 1942/62, 1950, 1984, 1988 und 2014 lässt in Wortwahl, Wortstellung, Metaphorik, Lautstruktur und Gesamtduktus die „durch die Zeit bedingten Wandlungen der Geschmacksrichtungen“ (Schmidt) vielleicht weniger erkennen als das jeweilige sprachkünstlerische Ausdrucksvermögen sowie die Abhängigkeiten späterer Übersetzungen von Schmidts Text:

Hier aber ist meine Erzählung zu Ende. Und so habe ich denn von den sieben Brüdern in Finnlands Wäldern erzählt; und was sollte ich noch mehr von den Tagen ihres Lebens und ihren Schick­salen hienieden berichten? Es stieg friedlich zur Mittagshöhe empor und neigte sich im wan­delnden Gold von tausend krei­senden Sonnen friedlich zur Abendruhe hernieder. (Schmidt 1921)
Und hier ist meine Erzählung zu Ende, in der ich von den sieben Brüder in den finnischen Wäl­dern erzählt habe. Was sollte ich noch über ihr Schicksal und ihren Lebenstag berichten? Er stieg friedlich zur Mittagshöhe empor und neigte sich friedlich zur Ruhe des Abends, während viele tausend goldene Sonnen ihre Bahnen zogen. (Hahm-Blåfield 1935)
Hier aber ist meine Geschichte zu Ende. So habe ich also von den sieben Brüdern in Finnlands Einödwäldern erzählt; und was sollte ich weiter noch erzählen von ihres Erdenlebens Tagen und Geschicken? Friedlich stieg ihr Lebenstag empor zur Mittagshöhe und neigte sich friedlich zur Abendruhe im Kreislauf von viel tausend goldnen Sonnen. (Rita Öhquist 1942/62)
Und damit ist meine Erzählung zu Ende. Ich habe hier nun von sieben Brüdern in Finnlands Wäldern erzählt, und was sollte ich noch weiter über ihren Lebenstag hienieden und dessen wechselvollen Ablauf berichten! Er stieg friedevoll zur Mittagshöhe empor, und er senkte sich friedevoll zur abendlichen Ruhe, als die Sonne viel tausend Male ihre goldene Bahn gerundet. (Schaper 1950)
Hier aber ist meine Erzählung zuende. Und so habe ich denn über die sieben Brüder in den Wäldern Finnlands erzählt; und was soll ich mehr über ihren Lebenstag, seinen Verlauf hier erzählen? Er stieg ruhig zur Mittagshöhe auf und neigte sich ruhig zum Abend im tausend-, abertausendmal kreisenden, goldenen Gang der Sonne. (Hein 1984)
Aber itz bin i mit myr Gschicht am Änd. I han ech verzeut vo de sibe Brüeder i de wiude Wäuder vo Finnland, u was wett i itz no mee vo irem Läbe prichte? Schliesslech ischs fridlech uf der Mittagshööchi aachoo u nachäär fridlech am Aabe o zur Rueu, u daas nach mängs tuusig sùnnige, gùudige Tage. (Schwaar 1988)
Hier aber ist meine Geschichte zu Ende. So habe ich von sieben Männern in Finnlands Wäldern erzählt, und was sollte ich mehr hinzufügen über die Tage und Etappen ihres Lebens hier? Es verlief friedlich bis in die mittägliche Höhe und senkte sich im Laufe tausender goldner Sonnenumläufe friedlich zur abendlichen Ruhe. (Jänicke 2014)
Mutta tässä on kertomukseni loppu. Ja niin olen kertonut seitsemästä veljeksestä Suomen saloissa; ja mitäpä kertoisin enään heidän elämänsä päivästä ja sen vaiheista täällä? Se kulki rauhaisesti puolipäivän korkeudelle ylös ja kallistui rauhaisesti alas illan lepoon monen tuhannen, kultaisen auringon kiertoessa. (Kivi, 1870)

Gustav Schmidt starb am 13. März 1945 in Helsinki. Seine Übersetzungen wurden bis in die 80er Jahre mehrfach neu aufgelegt, in Westdeutschland und – in sogar größerer Zahl – in der DDR. Das Bild, das sich deutschsprachige Leser von der finnischen Prosaliteratur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts machen konnten, beruhte mithin durch ein halbes Jahrhundert nicht unwesentlich auf der respektablen Haltbarkeit des übersetzerischen Œuvres von Gustav Schmidt. Auf die Qualität oder auf stilistische Charakteristika seiner Übersetzungen wurde in den zeitgenössischen, teils recht umfangreichen Besprechungen (Loerke, Manz, Öhquist, Trummler) nicht eingegangen. Die Rezeption der Sieben Brüder-Ausgabe von 1921 hat jedoch dazu geführt, dass der Roman in den deutschen Weltliteratur-Kanon aufgenommen wurde. Zahlreiche weitere Übersetzer hat Kivis Buch gefunden, einzelne Ausgaben erschienen in der Klassiker-Reihe der Dieterich’schen Verlagsbuchhandlung (Leipzig/DDR), als Weltliteratur-Dünndruck-Ausgabe im Winkler-Verlag (München) sowie in der Manesse Bibliothek der Weltliteratur (Zürich).

Der Nachlass des Übersetzers Gustav Schmidt hat sich nicht erhalten. Dokumente zu seiner Tätigkeit als Deutsch-Lektor finden sich im Zentralarchiv der Universität Helsinki (vgl. Hyvärinen 2003).

Anmerkungen

  • 1
    Während seines finnischen Exils hat Bertolt Brecht die Sieben Brüder-Übersetzung von Gustav Schmidt gelesen. In seinem Journal notierte er am 1. Oktober 1940: „Ich las in Diderots Jakob der Fatalist, als mir eine neue Möglichkeit aufging, den alten Ziffel-Plan zu verwirklichen. Die Art, Zwiegespräche einzuflechten, hatte mir schon bei Kivi gefallen. Dazu habe ich vom Puntila noch den Ton im Ohr. Ich schrieb probeweise zwei kleine Kapitel und nannte das Ganze Flüchtlingsgespräche“ (Brecht 1994: 430).

Quellen

Aalto, Pentti (1952): Nachwort des Herausgebers [einschl. Bibliographie der kaukasologischen und allgemeinsprachwissenschaftlichen Publikationen Gustav Schmidts]. In: Gustav Schmidt: Über Aufgaben und Methoden der Kaukasologie. Helsinki, S. 14–16.
Aho, Olli / Karlsson, Fred / Mäenpää, Olli (2008): Israel-Jakob Schurin väitöskirjan käsittely ja hylkääminen Helsingin yliopistossa lukuvuonna 1936–1937 [Die Begutachtung und Ablehnung der Dissertation Israel-Jakob Schurs an der Universität Helsinki 1936-1937]. Helsinki. (http://www.helsinki.fi/ajankohtaista/uutisarkisto/schur_raportti.pdf; Aufruf 3.11.2014) [Zu Schmidt S. 7, 12 und 17f.]
Brecht, Bertolt (1994): Journale I. Berarb. von Marianne Conrad und Werner Hecht. Berlin und Weimar. (= Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe Bd. 26).
Hein, Manfred Peter (1984): Die Kanonisierung eines Romans. Alexis Kivis Sieben Brüder 1870-1980. Helsinki und Stuttgart. (= Trajekt 4/1984). [Zu Schmidt S. 74–77]
Hyvärinen, Irma (2003): Schmidt, Gustav Friedrich. In: Internationales Germanistenlexikon 1800-1950. Hg. von Christoph König. Berlin, New York, S. 1623–1624.
Kelletat, Andreas F. (1980): Zur Neuausgabe. In: Alexis Kivi: Die sieben Brüder. Aus dem Finnischen von Gustav Schmidt. Helsinki und Stuttgart, S. 439–441.
Kelletat, Andreas F. (1981): Die Heideschuster. Alexis Kivis Volksstück auf deutschen Bühnen. In: Trajekt 1 (1981), S. 201–216.
Kujamäki, Pekka (1998): Deutsche Stimmen der Sieben Brüder. Ideologie, Poetik und Funktionen literarischer Übersetzung. (Diss. Savonlinna 1998). Frankfurt/M. u.a. [Zu Schmidt S. 107–135].
Kunze, Erich (1950): Die deutschen Übersetzungen finnischer Schönliteratur. Bibliographie mit einer Einführung. Helsinki. [Zu Schmidt S. 43f.]
Loerke, Oskar (1923): [Sammelbesprechung der im Heinrich Minden-Verlag 1921–1923 erschienenen Übersetzungen finnischer Literatur]. In: Berliner Börsen-Courier 15.7.1923. Nachdruck in: O. L.: Der Bücherkarren. Besprechungen im Berliner Börsen-Courier 1920–1928. Unter Mitarbeit von Reinhard Tgahrt hg. von Hermann Kasack. Heidelberg und Darmstadt 1965, S. 178-183.
Manninen, Juha (2009): Juutalaisen valistusajattelijan väitöskirjan hylkääminen Helsingin yliopistossa [Die Ablehnung der Dissertation eines jüdischen Aufklärers an der Universität Helsinki]. In: Tieteessä tapahtuu 2/2009, S. 42–52. [Zu Schmidt S. 49]
Manz, Gustav (1929): Die sieben Brüder. Ein Beitrag Finnlands zur Weltliteratur. In: Der Türmer 32 (1929), H. 2.
Öhmann, Emil (1945): Gustav Schmidt in memoriam. In: Neuphilologische Mitteilungen 46 (1945), S. 65–67.
Oehquist, Johannes (1926): Ein neuer Beitrag zur Weltliteratur. Die sieben Brüder von Aleksis Kivi. In: Ostdeutsche Monatshefte 7 (1926), H. 5, S.487–496.
Schmidt, Synnöve Hatidscha Franziska Anni: Släktkronika [Geschichte der Familien Schmidt und Menzler]. (Typoskript im Besitz von Lars Gustav Adolf Ferdinand Schmidt, Borgå/Porvoo, Finnland).
Trummler, Erich (1930): Die sieben Brüder. Ein finnisches Volksbuch. In: Weltstimmen. Weltbücher in Umrissen. Bd. 4. Stuttgart, S. 492–496.

Zitierweise

Kelletat, Andreas F.: Gustav Schmidt, 1877–1945. In: Germersheimer Übersetzerlexikon UeLEX (online), 19. August 2023.
BeschreibungGustav Schmidt, 1930er Jahre (Quelle: Privates Familienarchiv).
Datum30. September 2022
Gustav Schmidt, 1930er Jahre (Quelle: Privates Familienarchiv).

Bibliographie (Auszug)

Übersetzungen (Buchform)

Übersetzungen (Zeitschriften, Anthologien)

Herausgeberschaften

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Sekundärliteratur

Detaillierte Bibliographie