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Dora Lent, 1897–1989

11. April 1897 Brandenburg an der Havel (Deutsches Reich) - 14. Oktober 1989 (BRD)
Original- und Ausgangssprache(n)
Englisch, Russisch
Schlagworte
Übersetzerisches ProfilDichterübersetzer, Nachdichter, Nebenberuflicher Übersetzer Übersetzte GattungenDramen, Fabeln, Lyrik Sonstige SchlagworteInnere Emigration (NS-Zeit)

Von Dora Lent lassen sich ohne allzu großen Rechercheaufwand lediglich einige Gedichtveröffentlichungen (Akzente 1989, Sinn und Form 2024) sowie für die Hamburger Zeit geschriebene Essays nachweisen. Über ihre Biographie informierte (wohl durch Sichtung des auf Initiative von Walter Höllerer nach Sulzbach-Rosenberg gelangten Nachlasses) Wolfgang Matz in einem Aufsatz in der Zeitschrift Sinn und Form. Dort heißt es zu ihren Lebensstationen u.a.: Geburt und Schulbesuch in Brandenburg an der Havel, Lehramtsprüfung für Lyzeen, Mitwirkung im linken Flügel der Jugendbewegung, Ende 1918 Mitglied der eben gegründeten KPD, vier Kinder (geboren zwischen 1920 und 1929), Austritt aus der KPD („sieht sich indes weiter der politischen Linken zugehörig“; Matz 2024: 511), Teilnahme am kulturellen Leben der Weimarer Republik; Ehekrise, als der Ehemann kein Verständnis aufbringt für Dora Lents beginnendes literarisches Schaffen (Lyrik), keine Publikationsmöglichkeiten während der NS-Zeit, 1940 Arbeit als Bürokraft im okkupierten Łódź/Litzmannstadt.

Über ihre Erfahrung am Rande des Ghettos verfaßt sie einen umfangreichen, natürlich verborgen bleibenden Bericht Abordnung nach Litzmannstadt (der lange nach dem Krieg von der BBC London als mehrteilige Sendung ausgestrahlt wird. (Ebd.: 512)

Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion Privatunterricht im Russischen, Kriegstod des nach einem Selbstmordversuch in eine Strafkompanie versetzten Sohnes Karl Ende Januar 1943 vor Leningrad, Zerstörung des eigenen Hauses in Erkner durch einen amerikanischen Bombenangriff 1944, Begrüßung der Roten Armee als Befreier beim Einzug in Erkner, Mitarbeit im von J.R. Becher gegründeten Kulturbund, Teilnahme am Ersten Deutschen Schriftstellerkongress (Oktober 1947), 1948 Austritt aus der SED, keine Publikationsmöglichkeiten, 1952 Übersiedlung/Flucht in den Westteil Berlins, Aufenthalt dort bis Ende 1983, dann altersbedingt Übersiedlung nach Langenhagen bei Hannover.

Neben ihrem lyrischen Werk (u.a. Kriegsgedichte, Gedenkzyklus für den toten Sohn, Brandmarken aus Łódź, feministisch-theologische Gedichte in den 50er und 60er Jahren) entstehen Nachdichtungen von Krylow-Fabeln1Mit ihnen soll sie „mehr Resonanz“ (Matz 2024: 513) als mit ihren eigenen Gedichten gefunden haben. Wo diese Fabeln gedruckt wurden, kann ich nicht sagen. – Der Katalog der Deutschen Nationalbibliothek verzeichnet für das Jahr 1956 den im Deutschen Laienspiel-Verlag, Weinheim/Bergstraße erschienenen, 20 Seiten umfassenden von Dora Lent geschriebenen Text: Ein Geschenk sucht eine Bleibe. Ein Zwei-Personen-Sketch. Nach Motiven einer Humoreske von Anton Tschechow. und im Nachlass erhaltene, bisher vermutlich unveröffentlichte Übersetzungen von Gedichten Miltons, Shakespeares und Puschkins.2Diese Übersetzungen, 5 Blatt insgesamt, schickte Lent am 2. Mai 1979 an Walter Höllerer. Man findet sie lt. Eintrag bei Kalliope im Nachlass Höllerers im Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg, Sign. 03WH/AF/2,5c.

Kontakte nach London führen zu zwei Publikationen:

Die BBC sendet im September 1960 und im Februar 1970 zwei Folgen von autobiographischen Texten; zunächst die fünfteilige Russische Suite, Momentaufnahmen von der Ankunft der Roten Armee im April 1945; dann Wir sollten uns erinnern, die gekürzte, vierteilige Fassung ihres Berichts über das Jahr 1940 in Łódź. (Ebd.: 513)

Ob sich in ihrem Nachlass weitere Übersetzungen erhalten haben, sollte geprüft werden. Eine Publikation der bisher bekannt gewordenen Übersetzungen (u. U. zusammen mit Gedichten oder auch den Typoskripten für die beiden BBC-Sendereihen) wäre – wie von Kurt Marti schon 1990 vorgeschlagen –nach wie vor zu wünschen, damit sich doch noch erfüllen kann, was sie in einem späten Gedicht so formuliert hat: „Ich werde aufleuchten,/ wenn ich erloschen bin.// ihr werdet mich hören,/ wenn ich verstummt bin,// ich werde kommen,/ wenn ich vergangen bin,// ihr werdet mich finden,/ wenn ich verloren bin.“ (Vgl. Martin 1990: 179, Lent 2024: 521).

Anmerkungen

  • 1
    Mit ihnen soll sie „mehr Resonanz“ (Matz 2024: 513) als mit ihren eigenen Gedichten gefunden haben. Wo diese Fabeln gedruckt wurden, kann ich nicht sagen. – Der Katalog der Deutschen Nationalbibliothek verzeichnet für das Jahr 1956 den im Deutschen Laienspiel-Verlag, Weinheim/Bergstraße erschienenen, 20 Seiten umfassenden von Dora Lent geschriebenen Text: Ein Geschenk sucht eine Bleibe. Ein Zwei-Personen-Sketch. Nach Motiven einer Humoreske von Anton Tschechow.
  • 2
    Diese Übersetzungen, 5 Blatt insgesamt, schickte Lent am 2. Mai 1979 an Walter Höllerer. Man findet sie lt. Eintrag bei Kalliope im Nachlass Höllerers im Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg, Sign. 03WH/AF/2,5c.

Quellen

Lent, Dora (2024): Im freien Fall wird die Wolke Gewicht. Gedichte. In: Sinn und Form Jg. 76 (2024), H. 4, S. 514–521.
Marti, Kurt (1990): Spuren einer Unbekannten. In: ders.: Herausgehoben. Notizen und Details. Stuttgart; Radius-Verlag, S. 173–179.
Matz, Wolfgang (2024): Vorbemerkung zu Dora Lent: Im freien Fall wird die Wolke Gewicht. Gedichte. In: Sinn und Form Jg. 76 (2024), H. 4, S. 511–513.

Archiv

Nachlass von Dora Lent im Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg

Zitierweise

Kelletat, Andreas F.: Dora Lent, 1897–1989. In: Germersheimer Übersetzerlexikon UeLEX (online), 6. August 2024.