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Sabine Giersberg, Jg. 1964

26. Januar 1964 Bonn (Bundesrepublik Deutschland)
Original- und Ausgangssprache(n)
Spanisch, Portugiesisch
Zielsprache(n)
Deutsch

Sabine Giersberg wurde am 26. Januar 1964 als drittes Kind der Hausfrau Hildegard Giersberg (geb. Neumann) und des Verwaltungsangestellten Jakob Josef Giersberg im rheinischen Bonn geboren und durchlebte eine behütete, wenn auch durch den großen Altersabstand zu ihren Eltern und Geschwistern geprägte Kindheit. Die erste Begegnung mit iberoamerikanischer „Boom“-Literatur, Gabriel García Márquez’ Crónica de una muerte anunciada (1981), im Leistungskurs Spanisch des Bonner Elly-Heuss-Knapp-Gymnasiums sollte sich im Nachhinein als Schlüsselerlebnis erweisen, aus dem nicht nur die anschließende Studienwahl, sondern auch die spätere Karriere als Literaturübersetzerin und eine lebenslange Begeisterung für lateinamerikanische Belletristik resultierten.

Nach dem Abitur in Bonn (1983) schrieb sie sich für die Fächer Spanisch und Portugiesisch in den Studiengang Diplom-Übersetzen am Fachbereich Angewandte Sprachwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz in Germersheim ein, verbrachte ein Auslandssemester an der Universidad de Navarra in Pamplona (1986) und schloss ihr Studium im Wintersemester 1988/89 mit einer von Hans Schemann betreuten Diplomarbeit zu Carlos Fuentes‘ La muerte de Artemio Cruz mit Auszeichnung ab.

Da sich Giersbergs eher kulturwissenschaftliche und philologische Interessen bereits während ihrer stark praxis- und fachsprachenorientierten Ausbildung in Germersheim abgezeichnet hatten, war es nur folgerichtig, 1991 nach Mainz zu wechseln, um bei einem Pionier der Lateinamerikanistik, Dieter Janik, mit einer Dissertation zu Juan Carlos Onetti zu promovieren. Um das Promotionsstudium (Hispanistik, Lusitanistik, Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft) zu finanzieren, arbeitete sie zunächst nebenbei als Übersetzerin für die Industrie und dann auch als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Romanistischen Seminar (1992–1997). Mit einem in der Kulturzeitschrift Lettre (1995) veröffentlichten Auszug aus Ricardo Piglias Respiración artificial (1980) trat Giersberg während dieser Zeit zum ersten Mal als Übersetzerin in Erscheinung.

Nachdem sich die Hoffnungen auf eine Universitätslaufbahn zerschlagen hatten, legte sie als Freiberuflerin mit Ich, Kaiser Nero von Pedro Gálvez (1998) ihre erste Buchübersetzung vor. Giersbergs eigentlicher Durchbruch als literarische Übersetzerin war ihre deutsche Version von Héctor Abads Tratado de culinaria para mujeres tristes (1996), die unter dem Titel Kulinarisches Traktat für traurige Frauen 2001 bei Wagenbach in Berlin erschien, gefolgt von Piglias Roman Künstliche Atmung (2002).

Seit diesen Anfängen hat Giersberg mit der Übersetzung namhafter spanischer und lateinamerikanischer Autoren wie Barba, García Lorca, Muñoz Molina, Caparrós, Cozarinsky, Edwards, Figueras, Fuentes, Hernández und Onetti auf sich aufmerksam gemacht. Ihre Übertragungen von 61 Autorinnen und Autoren aus 12 Ländern, vorwiegend aus Mittel- und Südamerika (Argentinien, Brasilien, Chile, Costa Rica, Guatemala, Kolumbien, Kuba, Mexiko, Panama und Uruguay), umfassen mehr als 23.000 paginierte Seiten, wobei die Beauftragung mit der Übersetzung von Juan Carlos Onettis Roman Tierra de nadie (1941, Niemandsland, 2009) für die Onetti-Gesamtedition des Suhrkamp Verlags als Höhepunkt ihres bisherigen Schaffens bezeichnet werden kann.

Für ihre Übertragung von Martín Caparrós‘ Los Living (2011, Die Ewigen, 2014) und ihr Gesamtwerk wurde die seit 2003 in Schwetzingen lebende Übersetzerin 2017 mit dem Helene-Hecht-Preis der Stadt Mannheim geehrt. Ihre deutsche Fassung von Carlos Fonsecas Austral (2022, Austral, 2024) sorgte dafür, dass der in Costa Rica geborene und 2024 mit dem Anna Seghers-Preis der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz ausgezeichnete Schriftsteller nun auch einem deutschsprachigen Publikum zugänglich ist.

Sabine Giersberg bescherte das Jahr 2010, in dem Argentinien Gastland der Frankfurter Buchmesse war, mit 2719 veröffentlichten Seiten die höchste Produktivität ihrer Karriere. Der anschließende Auftragseinbruch spiegelt nicht nur die „zu beobachtende Verengung des weltliterarischen Horizonts auf das Anglo-Amerikanische“ (Kämmerlings 2006: 46), sondern auch die nachlassende Bedeutung lateinamerikanischer Literatur für die deutsche Buchbranche wider. Auch aufgrund der mit dieser Horizontverengung verbundenen Flaute entschloss sich Giersberg 2011, eine Stelle beim Allgemeinen Rettungsverband Rhein-Neckar e.V. anzunehmen. Daneben war sie als Gutachterin, Moderatorin, Lehrbeauftragte und Gastdozentin an den Universitäten Frankfurt, Heidelberg, Basel, Hamburg und Göttingen tätig. Ihr translatorischer Schwerpunkt liegt derzeit (2025) auf spanischsprachiger Jugend- und Unterhaltungsliteratur.

Quellen

Djafari, Anita (2007): Sabine Giersberg, Übersetzerin: Von Wahlverwandtschaften und dem Glück einer lebenslangen Liebe. In: LiteraturNachrichten [Litprom] [Rubrik: Büchermenschen] (Winter 2007), Nr. 95, S. 34–35.
Giersberg, Sabine (2004): „Ins Gelingen verliebt“ (Bloch): Literaturübersetzen als Beruf(ung). In: Ickstadt, Heinz (Hg.): Berufe für Philologen. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, S. 89–97.
Kämmerlings, Richard (2006): Strumpf der Illusion. [Rezension von Felisberto Hernández: Die Frau, die mir gleicht: Gesammelte Erzählungen. Aus dem Spanischen von Angelica Ammar, Anneliese Botond und Sabine Giersberg. Frankfurt/M.: Suhrkamp 2006]. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27. Mai 2006, S. 46 (Literatur).

Sonstige Quellen

Eckkrammer, Eva Martha (2017): [Laudatio: Helene-Hecht-Preis 2017]. Redemanuskript. 8. März 2017.
Giersberg, Sabine (2024–2025): E-Mail-Korrespondenz mit Klaus H. Schmidt, 29. November 2024–12. Februar 2025.
Giersberg, Sabine (2025a): Telefongespräch mit Klaus H. Schmidt, 12. Januar 2025.
Giersberg, Sabine (2025b): Persönliches Gespräch mit Marcel Vejmelka und Klaus H. Schmidt, 5. Februar 2025.

Zitierweise

Schmidt, Klaus H. / Vejmelka, Marcel: Sabine Giersberg, Jg. 1964. In: Germersheimer Übersetzerlexikon UeLEX (online), 31. März 2025.
BeschreibungSabine Giersberg in der Bibliothek ihrer Alma Mater, Germersheim, 5. Februar 2025. Foto und ©: Ines Veauthier
Datum31. März 2025
Sabine Giersberg in der Bibliothek ihrer Alma Mater, Germersheim, 5. Februar 2025. Foto und ©: Ines Veauthier