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René König, 1906–1992

5. Juli 1906 Magdeburg (Deutsches Reich) - 21. März 1992 Köln (Bundesrepublik Deutschland)
Original- und Ausgangssprache(n)
Englisch, Französisch, Italienisch

Vorbemerkung der Redaktion

Dieses Biogramm entstand im Rahmen des DFG-geförderten D-A-CH-Projekts Exil:Trans (2019–2022) und erschien zuerst in: Tashinskiy, Aleksey / Boguna, Julija / Rozmysłowicz, Tomasz: Translation und Exil (1933–1945) I: Namen und Orte. Recherchen zur Geschichte des Übersetzens. Berlin: Frank & Timme 2022, S. 431–433.

Den aus einer deutsch-französischen Industriellenfamilie stammenden René König führten bereits Kindheit und Jugend in unterschiedlichste Länder: Frankreich, Italien, Spanien, Türkei. Die Schule besuchte er in Halle/Saale und im Freistaat Danzig. 1925 nahm er das Studium in Wien auf (Philoso­phie, Psychologie, islamische Sprachen), ab 1926 setzte er es in Berlin fort (Philosophie, Romanistik, Ethnologie). 1930 wurde er mit einer romanis­ti­schen Arbeit zur Künstlerästhetik promoviert. In den ersten Jahren der na­tionalsozialistischen Herrschaft, in denen er u. a. als Lektor für den Berliner Verlag Die Runde tätig war, scheint er ähnlich wie Heidegger versucht zu haben, durch die Propagierung einer „Versöhnung von Wissenschaft und Staat“ in die Nähe der neuen Machthaber zu rücken. Sein Ideen Humboldts aufgreifendes Buch Vom Wesen der deutschen Universität (1935) wurde in akademisch-nationalsozialistischen Kreisen jedoch als „reaktionärer Idealis­mus“ attackiert, angeblich sogar verboten (König 1980: 107). Eine Laufbahn als Wissenschaftler war damit für König in Deutschland ausgeschlossen. Nach zehn Jahren in Berlin und mehreren Sizilien-Aufenthalten („erste Schritte in die Emigration“; ebd.) ging er in die Schweiz. An der Universität Zürich wurde er zwar 1938 habilitiert, musste sich aber als Privatdozent ohne feste Anstellung und Gehalt durchschlagen, u. a. als Lehrbeauftragter an der 1942 gegründeten polnischen Universität für die aus Frankreich in die Schweiz übergetretenen Soldaten der 2. Polnischen Division. Erst nach dem Krieg wurde er in Zürich zum Honorarprofessor ernannt. 1949 nahm er ei­nen Ruf an die Universität Köln an, wohin er 1953 mit seiner Familie umzog. Auch in Opposition zur Frankfurter Schule (Horkheimer, Adorno) stieg er zu einem der international führenden deutschen Soziologen auf. Das von ihm erstmals 1958 herausgegebene und in mehrere Sprachen übersetzte Fi­scher Lexikon Soziologie wurde bis 1980 in über 400.000 Exemplaren ver­kauft.

Translatorisches

Um seine kargen Einkünfte im Schweizer Exil aufzubessern, hat König sich um Übersetzungsaufträge bemüht. Für die Weltliteratur-Reihe der Bücher­gilde Gutenberg brachte er den Sizilien-Roman Malavoglia von Giovanni Verga (gut 300 Druckseiten) ins Deutsche, für den Scherz-Verlag in Bern die Oscar Wilde-Biographie von Hesketh Pearson (380 S.) und die Tagebücher 1939–1943 (530 S.) des Grafen Ciano, des Schwiegersohns von Mussolini und Außenministers in der Zeit des Bündnisses mit Hitler-Deutschland. Eben­falls bei Scherz erschien Königs Übersetzung des Kriminalromans Drury Lane’s last case. Weitere Krimi-Übersetzungen soll er unter Pseudonym ver­öffentlicht haben. Ende der 40er Jahre hat König die Nebenbeschäftigung Übersetzen aufgegeben. Seine seit 1961 in vielen Ausgaben erschienene „Bearbeitung“ (im heutigen Verständnis eher eine Neuübersetzung) der äl­teren deutschen Version von Emile Durkheims Les règles de la méthode socio­logique ist nicht mehr als „Nebenbeschäftigung“ zu bezeichnen, denn mit Durkheims Buch von 1895 liegt laut König für sein eigenes Fach, die Sozio­logie, eine ähnlich wichtige Schöpfung vor wie in Descartes‘ Discours de la méthode von 1637 für die allgemeine Philosophie. Unter dem Aspekt des „Kulturübersetzens“ wären weitere Arbeiten Königs zu berücksichtigen, z. B. das 1943 in Zürich erschienene Sizilien-Buch oder auch die 1973 publizierte entwicklungssoziologische Studie Indianer wohin? Alternativen in Arizona.

Quellen

Alemann, Heine von / Thurn, Hans Peter (Hg.) (1981): Soziologie in weltbürgerlicher Absicht. Festschrift für René König zum 75. Geburtstag. Opladen: Westdeutscher Verlag. (S. 426–431: „Buchveröffentlichungen von René König“).
König, René (1980): Leben im Widerspruch. Versuch einer intellektuellen Autobiographie. München, Wien: Hanser.
König, René (1989): Identität und Anpassung im Exil. In: Haller, Max / Hoffmann-Nowotny, Hans-Joachim / Zapf, Wolfgang (Hg.): Kultur und Gesellschaft. Verhandlungen des 24. Deutschen Soziologentags, des 11. Österreichischen Soziologentags und des 8. Kongresses der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie in Zürich 1988. Frankfurt/M.: Campus, S. 113–126.
König, René (2021): Autobiographische Schriften. Hg. von Mario König und Oliver König. 2. Aufl. Wiesbaden: Springer.
Lucarelli, Ilaria (2019): René König und seine Erfahrung als Exilübersetzer. MA-Abschlussarbeit. Germersheim: FTSK. [Unveröffentlicht].
Moebius, Stephan (2016): René König. Wegbereiter der bundesrepublikanischen Soziologie. Wiesbaden: Springer. (S. 3–13: „Biographischer Abriss“).

Zitierweise

Kelletat, Andreas F.: René König, 1906–1992. In: Germersheimer Übersetzerlexikon UeLEX (online), 22. Oktober 2022.

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