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Dorothea Gotfurt, 1907–1995

12. Februar 1907 Berlin (Deutsches Reich) - 1995 London (Großbritannien)

Vorbemerkung der Redaktion

Dieses Biogramm entstand im Rahmen des DFG-geförderten D-A-CH-Projekts Exil:Trans (2019–2022) und erschien zuerst in: Tashinskiy, Aleksey / Boguna, Julija / Rozmysłowicz, Tomasz: Translation und Exil (1933–1945) I: Namen und Orte. Recherchen zur Geschichte des Übersetzens. Berlin: Frank & Timme 2022, S. 415–417.

Dorothea Gotfurt ist die Tochter des aus Halle stammenden Chirurgen Al­fred Frank. In der Spätzeit der Weimarer Republik debütierte sie als Schau­spielerin mit kleineren Rollen beim Film und trat in Berlin in Rosa Valettis literarisch-politischem Kabarett Larifari auf. Im März 1933 heiratete sie den Schriftsteller Fritz Gottfurcht (8. August 1901–22. Februar 1973), mit dem sie noch im Frühjahr 1933 ins Exil nach Paris ging. Dort erlernte sie die Her­stellung von Lederhandschuhen und konnte so nach der Übersiedlung nach London (1935) eine kleine Schneiderei gründen, in der sie mehrere Nähe­rin­nen beschäftigte. 1939 wurden Fritz und Dorothea Gottfurcht vom Deut­schen Reich ausgebürgert. Sie anglisierten ihren Namen zu Gotfurt.

Frederick Gotfurt baute sich als Drehbuchautor für zahlreiche englische Filme eine neue Existenz auf, Dorothea Gotfurt machte sich als Übersetzerin einen Namen. Zwischen 1955 und 1970 veröffentlichte sie vor allem im Scherz-Verlag (Bern), aber auch bei Fischer (Frankfurt/M.), Rowohlt (Reinbek) oder Szolnay (Wien) über 30 von ihr ins Deutsche gebrachte Romane aus der zeitgenössischen englischsprachigen Literatur, darunter acht von Robin Maugham (1916–1981), fünf von Agatha Christie (1890–1976), je zwei von Max Catto (1907–1992), Una Troy (1910–1993) und Ted Willis (1914–1992) sowie je einen von Autoren wie Anthony Burgess (1917–1993) und Upton Sinclair (1878–1968).

An Übersetzungen ins Englische findet sich neben dem Konsalik-Bestsel­ler Engel der Vergessenen (Angel of the Damned, 1975) die von dem 1938 von Österreich nach England geflüchteten Theaterwissenschaftler Martin Esslin eingeleitete Anthologie While I’m Sitting on the Fence. Songs from the Ger­man (1967). Mit den dort ins Englische übersetzten Texten von Frank Wede­kind, Walter Mehring, Kurt Tucholsky, Ringelnatz oder Klabund knüpfte Got­furt an ihr frühes Engagement für das Kabarett der Weimarer Republik an.

Einzelstudien zu ihrem Leben und übersetzerisch-literarischem Werk (sie schrieb und übersetzte auch Theaterstücke sowie Drehbücher für Film und Fernsehen), zur Zusammenarbeit mit Fredrick Gotfurt, zur Mitwirkung im Exil-Pen, zu ihren Autoren- und Verlagskontakten bzw. Netzwerken in Eng­land und den deutschsprachigen Ländern liegen bisher nicht vor. Über den Verbleib des Nachlasses ist nichts bekannt. Im Frankfurter Exilarchiv der DNB gibt es ein Konvolut mit Unterlagen zu Frederick Gotfurt, zu dem auch Dokumente über Dorothea Gotfurt sowie den 1938 nach England entkom­menen Widerstandskämpfer und sozialdemokratischen Gewerkschafter Hans Gottfurcht (1896–1982) gehören. Außerdem finden sich in der DNB von Do-rothea Gotfurt für Gabriele Tergit (von 1957 bis 1981 Sekretärin des PEN-Zentrum deutschsprachiger Autoren im Ausland) zwischen 1959 und 1970 er­stellte biografisch-bibliographische Materialien.

Literatur

Wall, Renate (1995): Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen im Exil 1933–1945. Freiburg i. Br. 1995, Bd. I, S. 118f.
Appignanesi, Lisa (1975): The Cabaret. London: Studio Vista.
Diverse englischsprachige Internet-Seiten: Agnes Bernelle Songs in her suitcase; Doro-thea Gotfurt – IMDb (Filmography); Fritz Gottfurcht – IMDb (Filmography).

Zitierweise

Kelletat, Andreas F.: Dorothea Gotfurt, 1907–1995. In: Germersheimer Übersetzerlexikon UeLEX (online), 24. Juni 2022.